Frauen haben in den Chemiewissenschaften schlechtere Chancen, weiterbeschäftigt zu werden oder gar aufzusteigen. Sie erhalten häufiger kurzfristige, prekäre Verträge, veröffentlichen weniger und werden seltener zitiert. Überproportional weniger Frauen sitzen in Redaktionsbeiräten, werden für Preise nominiert und reichen Patentanmeldungen ein. 2018 zeigte eine Studie der Royal Society of Chemistry (RSC) das zahlreiche talentierte Frauen die akademische Laufbahn verlassen, bevor sie ihr volles Potenzial erreicht haben. Bisherige Maßnahmen, dem entgegenzuwirken, seien nicht ausreichend, um jemals Geschlechterparität zu erreichen, so die GDCh.
„WISC ist ein Netzwerk für Frauen, Personen, die sich als Frauen identifizieren, und andere Minderheiten“, sagt Dr. Larissa von Krbek. „Das Netzwerk soll dabei helfen, dass sich Personen dieser Minderheiten weniger isoliert und alleine fühlen.“ Dabei ist es dem Team von WISC wichtig, sich selbst einzubringen, um Veränderungen herbeizuführen, und auch die gesamte supramolekulare Gemeinschaft dazu einzuladen. Im Rahmen einer Onlineumfrage ermittelte das Netzwerk die Bedürfnisse der supramolekularen Gemeinschaft. Anhand der Ergebnisse entwickelte WISC zahlreiche unterstützende Initiativen wie beispielsweise ein Mentoringnetzwerk, Gemeinschaftscluster, um Peer-Gemeinschaften aufzubauen, und Workshops zu Integration und Vielfalt sowie Summer Schools für den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Leuchtturm mit Strahlkraft
Die Preis-Auswahlkommission sieht die Initiative WISC als „Leuchtturm mit Strahlkraft über die
supramolekulare Chemie hinaus“. Das Projekt zeige vorbildhaft, wie sich engagierte Chemikerinnen
neben ihren beruflichen Verpflichtungen zu einem internationalen Netzwerk erfolgreich und
nachhaltig zusammengeschlossen haben, um mehr Chancengleichheit und Inklusion zu erreichen.
Mit seinem unermüdlichen Einsatz und gelebten Werten für mehr Chancengleichheit lege das Team
eine konsequente Haltung an den Tag, die auch Hildegard Hamm-Brücher auszeichnete.
Vorbildhaftes Engagement
Den Hildegard-Hamm-Brücher-Preis für Chancengleichheit in der Chemie verleiht die GDCh seit
2021. Mit dem Preis, der mit 7500 Euro dotiert ist, will die GDCh ein sichtbares Zeichen setzen und
vorbildhaftes Engagement für Chancengleichheit in der Chemie würdigen.
Die Namensgeberin
Hildegard Hamm-Brücher (1921-2016) war Chemikerin und wurde 1945 bei Nobelpreisträger Professor Heinrich Wieland in München promoviert. Nach Kriegsende wurde sie Wissenschaftsredakteurin bei der Neuen Zeitung. Dort traf sie mit Theodor Heuss, ihrem politischen Mentor, und vielen anderen demokratisch Gesinnten zusammen. Hildegard Hamm-Brücher galt als „Grande Dame“ der deutschen Nachkriegspolitik. Sie stand nicht nur für Freiheit und Demokratie, sondern auch für ein konsequent wertebasiertes Handeln. Unermüdlich kämpfte sie gegen Missstände an. Sie setzte sich unter anderem für ein besseres Bildungssystem ein und ermutigte Frauen, sich mehr zu engagieren. Im Jahr 1994 wurde sie als erste Frau für die Bundespräsidentenwahl nominiert. Neben ihren öffentlichen Ämtern zeigte sie großes gesellschaftliches Engagement und erhielt zahlreiche Ehrungen.
Pressemitteilung der Gesellschaft Deutscher Chemiker: https://www.gdch.de/service-information/presse-und-oeffentlichkeitsarbeit/pressedienst-chemie.html