Wer an Sklaverei denkt, hat meist ein klares Bild vor Augen: Ein Mensch ohne Rechte, seiner Familie geraubt, missbraucht. Wohl die extremste Form von asymmetrischer Abhängigkeit, mit denen sich der Exzellenzcluster Bonn Center for Dependency and Slavery Studies an der Universität Bonn beschäftigt. Asymmetrische Abhängigkeiten, also Verhältnisse, in denen eine Person oder Partei mehr Macht als die andere hat, gibt es aber in verschiedenen Stufen und Ausprägungen. Mit einer solcher Formen – der Elite-Sklaverei – hat sich Dr. Alexander Rothenberg, der inzwischen am Zentrum für Entwicklungsforschung der Universität Bonn arbeitet, in seiner Doktorarbeit am BCDSS beschäftigt.
In der Geschichte wird der Begriff Elitesklaverei verwendet, um einen bestimmten Prozess zu beschreiben: „Immer dann, wenn kleine Kinder geraubt, verschleppt, verkauft und lange ausgebildet wurden und dann später irgendwann in hohe Positionen gelangt sind, spricht man von Elitesklaverei“, erklärt Dr. Alexander Rothenberg. Dies konnte zum Beispiel ein Palast-Eunuch sein, der irgendwann hohe Verwaltungsaufgaben übernahm oder eine Konkubine, die Mutter des Sultans wurde – und dadurch Reichtum und Macht anhäufte.
In seiner Doktorarbeit hat Rothenberg untersucht, welche Strukturen in unserer heutigen Zeit ähnliche Abhängigkeitsverhältnisse aufweisen wie in der Vergangenheit: „Ich habe geschaut, wo finde ich etwas Vergleichbares wie diesen Harem? Also eine Art Akademie oder ein Ausbildungszentrum, und da ist man relativ schnell beim Sport.“ Insbesondere beim Profifußball: „Wir haben sowohl diesen langen Prozess der Ausbildung, der Isolation als Kind in diesen Akademien bis hin zum Handel mit Körpern, wo Dritte ganz massiv finanziell profitieren.“
In der neuen Folge des Hypothese-Podcast diskutiert Dr. Alexander Rothenberg mit Moderator Denis Nasser die These „Profi-Fußballer sind die Elitesklaven von heute“. Ob der Wissenschaftler sie verifiziert (wahr bestätigt) oder falsifiziert (als „unwahr“ bestätigt), hören Sie in der neuen Folge.
Der Exzellenzcluster Bonn Center for Dependency and Slavery Studies
„Asymmetrische Abhängigkeit“ – mit diesem neuen Schlüsselkonzept bietet der Exzellenzcluster Bonn Center for Dependency and Slavery Studies (BCDSS) einen neuen Zugang zur Sklaverei- und Abhängigkeitsforschung. Untersucht werden alle Formen tiefer sozialer Abhängigkeiten wie Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft sowie weitere Formen permanenter Abhängigkeiten. Dabei ist der Blick offen für alle Epochen, Regionen und Kulturen sowie alle Schattierungen zwischen „frei“ und „unfrei“. Mit seiner erweiterten Perspektive öffnet der Exzellenzcluster die Abhängigkeitsforschung für ganz neue transkulturelle Perspektiven und Vergleiche.
Zugespitzt und wissenschaftsnah
Zugespitzt und wissenschaftsnah – das ist der „Hypothese“-Podcast der Uni Bonn. Jeden zweiten Donnerstag stellen sich renommierte Gäste einer zugespitzten Hypothese zu einem gesellschaftlich relevanten Thema. Moderiert von dem Journalisten Denis Nasser wägt jeweils eine Expertin oder ein Experte den Wahrheitsgehalt der Titelaussage ab und gibt abschließend ein Votum ab, ob die finale Einschätzung eher in Richtung „verifiziert“ (also als „wahr bestätigt“) oder falsifiziert (als „unwahr“ bestätigt) gehen würde.
Ihr habt Fragen, Anmerkungen oder einen Themenvorschlag? Wir freuen uns, von Euch zu hören unter wissenschaftskommunikation@uni-bonn.de!