„Dieses Virus hat aus uns allen globale Bürger gemacht“, erklärt Oksana Pyzik. „Jeder Einzelne ist von der Verbreitung der Erkrankung betroffen, vielleicht das erste Mal in der Geschichte.“
Die Präsentation der Pharmazeutin ist gut besucht; mehr als 70 Angehörige der Medizinischen Fakultät haben sich in das Zoom-Meeting eingeklickt. Pyzik beschäftigt sich am University College London mit der Frage, wie die Welt auf globale Herausforderungen koordiniert reagieren kann und muss. Gerade jetzt sei eine solche Zusammenarbeit immens wichtig, etwa bei der Entwicklung einer Impfung. „2009 bei der H1N1-Pandemie haben wir gesehen, dass die USA die Weitergabe des Impfstoffs an Kanada blockiert hat“, erinnert sie sich. „Heute reden wir davon, dass in 12 bis 18 Monaten ein Vakzin gegen COVID-19 vorliegen könnte; es gibt aber noch keine internationale Vereinbarung dazu, wie wir einen solchen Impfstoff verteilen werden.“
Pyziks Vortrag ist bereits der dritte in einer virtuellen Veranstaltungsreihe zu COVID-19, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Blick auf die Pandemie und ihre Folgen ein Stück zu weiten. Ins Leben gerufen wurde sie Ende März von Prof. Dr. Valentin Stein (Institut für Physiologie II) und Dr. Thorsten Hornung (Klinik für Dermatologie und Allergologie). Seitdem loggen sich im Wochenturnus, meist dienstags oder mittwochs, je 70 bis 80 Interessierte in die Vorträge ein. Das aktuelle Thema und der Link zum Webinar werden einige Tage zuvor per E-Mail bekannt gegeben. „In den Newsletter können sich alle Beschäftigten der Universität Bonn eintragen“, erklärt Prof. Stein.
Breites Themenspektrum
In den bisherigen Veranstaltungen ging es – neben der Frage der internationalen Zusammenarbeit – vor allem um ethische Aspekte, etwa bei der Behandlung von COVID-19-Patienten im Endstadium, sowie um die Situation der Intensivmedizin in Deutschland im weltweiten Vergleich. In den kommenden Wochen werden sich die Vorträge unter anderem dem Umgang mit Ängsten widmen, die viele Menschen angesichts der Pandemie hegen. Auch die Situation von Patienten mit psychischen Problemen oder Kindern mit Aufmerksamkeits-Defiziten, die unter der aktuellen Situation besonders leiden, steht auf der Tagesordnung. Dazu sollen immer wieder auch Einblicke in den aktuellen Forschungsstand kommen, etwa die gerade veröffentlichten Ergebnisse der Heinsberg-Studie.
Die Organisatoren möchten die Reihe aber auch für Wissenschaftler anderer Fakultäten öffnen, um so weitere Aspekte der Corona-Krise in den Fokus zu rücken. „Wir denken da zum Beispiel an die Juristen – schließlich sehen wir uns aktuell mit erheblichen Einschränkungen unserer Freiheit konfrontiert“, sagt Prof. Stein. „Auch Diskussionsbeträge aus den Wirtschaftswissenschaften, von Philosophen oder Ethikern würden sicher auf großes Interesse stoßen.“
Entsprechende Beiträge aus den anderen an der Universität Bonn vertretenen Fachdisziplinen würden die virtuellen Symposien noch weiter aufwerten, ist er sich sicher: „COVID-19 als rein medizinisches Problem zu sehen, ist jedenfalls zu kurz gedacht und würde der Pandemie und unserem Umgang damit nicht gerecht werden.“
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die einen Beitrag zur Diskussion beisteuern möchten, können sich mit Prof. Stein oder Dr. Hornung in Verbindung setzen.
Kontakt:
Prof. Dr. Valentin Stein
Institut für Physiologie II der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-60157
E-Mail: vstein@uni-bonn.de