Bei Glomerulonephritis kommt es zu chronischen Nierenentzündungen und zum Verlust der Nierenfunktion. Viele Formen dieser Entzündung sind auf autoaggressive Immunreaktionen zurückzuführen, die das Nierengewebe schädigen. Die Behandlung umfasst die Verabreichung von immunsuppressiven Medikamenten wie Cortisonpräparaten. In vielen Fällen kann die selbstzerstörerische Immunreaktion nicht gestoppt werden. Dann geht die Nierenfunktion komplett verloren, so dass eine kontinuierliche Dialysebehandlung oder eine Nierentransplantation erforderlich werden.
Wissenschaftler um Prof. Dr. Jan-Eric Turner vom Zentrum für Innere Medizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und um Prof. Dr. Christian Kurts vom Institut für Experimentelle Immunologie des Universitätsklinikums Bonn, Mitglied des Exzellenzclusters ImmunoSensation2 und des Transdisziplinären Forschungsbereichs Life & Health der Universität Bonn, haben nun entdeckt, dass bestimmte Vitamin-Stoffwechselprodukte die Therapie gegen diese Erkrankungen unterstützen können.
Die Wissenschaftler haben erstmals beobachtet, dass so genannte Mukosa-assoziierte invariante T-Zellen (MAIT-Zellen) in der gesunden und entzündeten Niere des Menschen vorkommen. Diese seltenen Immunzellen sind normalerweise in Schleimhautgeweben wie dem Darm oder der Lunge zu finden, wo sie Wächterfunktionen gegen Infektionen ausüben. „Sie werden durch Metabolite der Vitamine B2 und B9 aktiviert, die von vielen infektiösen Bakterien produziert werden, und leiten daraufhin Abwehrreaktionen ein“, sagt Prof. Kurts.
Schützende Funktion der MAIT-Zellen
„In Nieren von Patienten mit Glomerulonephritis und in Mäusen mit Modellen solcher Krankheiten wurden diese seltenen Immunzellen aktiviert, indem die Wächterzellen des Immunsystems der Niere, die mononukleären Phagozyten, Moleküle produzierten, die die MAIT-Zellen anlockten“, erklärt Prof. Turner. Mäuse, denen MAIT-Zellen fehlten oder bei denen die Lokalisierung der MAIT-Zellen in der Niere gestört war, zeigten einen schwereren Verlauf der Glomerulonephritis. Umgekehrt waren Mäuse, die mehr dieser Zellen besaßen, teilweise geschützt.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass MAIT-Zellen eine schützende Rolle in der Niere spielen. In einem therapeutischen Versuch behandelten die Forschenden Mäuse mit Glomerulonephritis mit einem künstlichen Vitamin-B2-Metaboliten, der deren natürlichen Liganden entspricht. Dadurch konnte der Krankheitsverlauf der Tiere abgeschwächt werden.
„Die schützende Wirkung war zwar nicht stark genug, um die experimentelle Glomerulonephritis zu verhindern“, fasst Prof. Kurts zusammen. Aber die Wissenschaftler vermuten, dass sie bestehende Therapien ergänzen und deren Wirksamkeit verbessern oder die für die Behandlung erforderliche Dosis von Glukokortikoiden verringern könnte. „Bevor dies eine therapeutische Option wird, sind weitere Forschungen und klinische Studien erforderlich“, sagt Prof. Turner.