„Es war eine schöne Erfahrung, die mir noch lange in Erinnerung bleibt“, fasst die Informatik-Studentin Nazmi aus Aserbaidschan rückblickend das dreitägige, dichtgepackte Programm für die Studierendengruppe zusammen.
Von Beginn an gab es eindrückliche Momente: Startpunkt war das Brandenburger Tor, eines der geschichtsträchtigsten Bauwerke der Stadt, welches historisch die Brücke von der Napoleonischen Ära bis zur Einigung Europas schlägt. Nur wenige Schritte später standen die Studierenden im bedrückenden Stelenfeld des Holocaust-Mahnmals. Nach diesen Impressionen besuchten die Teilnehmenden die Bundeszentrale für politische Bildung, um angeregt über „Fake News und Propaganda“ zu sprechen.
Bereits im Vorfeld hatten die Teilnehmenden einen Kurzvortrag zu den wichtigsten Monumenten Berlins vorbereitet und erläuterten einander die Hintergründe zu Denkmälern und Sehenswürdigkeiten. Dadurch vertieften sie ihre Kenntnisse über die Geschichte und Kultur Berlins.
Nach dem Mittagessen gab es Berlin aus einem anderen Blickwinkel: Dieter, ein ehemaliger Wohnungsloser führte die Gruppe auf eindrückliche und humorvolle Weise durch die Stadt und ein in die Lebensrealitäten von Menschen ohne Heim: So erfuhren die Studierenden, dass Hans Nagels schwarze Plastikskulptur, die durch die Sonnenstrahlen aufgewärmt wird, gerne als Wäschetrockner „zweckentfremdet“ wird. Während der Stadtführung hatte die Gruppe die Möglichkeit viele Fragen zu stellen und so das Leben des ehemaligen Obdachlosen besser nachvollziehen zu können.
Am Abend besuchte die Gruppe noch eine Show der deutschlandweit bekannten Performance-Gruppe „BLUE MAN GROUP“, die dabei Spenden für sauberes Trinkwasser über die Organisation Viva Con Agua sammelten. „Die Show war richtig cool. Mir haben vor allem die Musik und die Interaktion mit dem Publikum sehr gut gefallen.“, sagt die Lehramtsstudentin Hanna.
Mit der Polizei bis ins Stille Örtchen
Am nächsten Morgen erlebte die Gruppe den vermutlich sichersten Toilettengang bei einem Besuch des Bundeskanzleramts. Denn während Führungen durch die Regierungsbehörde begleiten zwei Polizisten die Teilnehmenden, und das sogar bis zum stillen Örtchen. Anschließend genoss die Gruppe auf der Terrasse die fantastische Aussicht über Berlin mitsamt Reichstagsblick. „Es war eine tolle Möglichkeit für uns zu erleben, wo die Politiker*innen so arbeiten. Es war echt cool einen Blick hinter die Kulissen zu bekommen“, resümiert Anna, die in Bonn English-Studies studiert.
Vom Kanzleramt gings ins DDR-Museum. Da viele Teilnehmende in post-sowjetischen Ländern aufgewachsen sind, entdeckten sie besonders die Ähnlichkeiten des Lebens im sozialistischen Deutschland mit dem in der Sowjetunion. „Es war wie ein Besuch bei meiner Großmutter, sie hatte sogar das gleiche Sofa!“, bemerkte Daniel, dessen Eltern Anfang der 90er aus der Ukraine nach Deutschland kamen und der nun in Bonn Physik und Philosophie studiert. Die realistische Darstellung des Lebens in der DDR und die interaktive Museumsausstellungen halfen, tiefer in die Besonderheiten des Lebens im Sozialismus einzutauchen.
Bei anschließenden Streifzügen durch Berlin in Gruppen fiel ihnen auf, wie Berlin Unvereinbares kombiniert: Bunte Graffiti an den Wänden und grüne Parks, historische Gebäude und futuristische Wolkenkratzer. Das ist Berlin – eine Stadt der Kontraste.
Am letzten Tag besuchte die Gruppe das Bode-Museum, wo unter den Skulpturen und Gemälden byzantinischer Kunst in vielen Sälen Gemälde ukrainischer Künstler zu finden. Besonders den sechs ukrainischen Studierenden wurde es dabei warm ums Herz: Es sei sehr schön gewesen, in dem der antiken Kunst gewidmeten Museum, Echos ihrer Kultur wiederzufinden.
Bei der Reise kamen sich die Studierenden auch persönlich näher: Gemeinsam feierten Sie den Geburtstag einer Teilnehmerin beim Frühstück, tauschten sich über kulturelle Grenzen hinweg aus und nahmen im Geiste alle ein ganz individuelles Stück Berlin mit nach Hause. Für manche ist es eine Stadt der Freiheit, manche fanden Berlin hart, aber jede*r fand es einzigartig und stimmungsvoll.
Zukunft Ukraine
Viele Geflüchtete aus der Ukraine studieren an deutschen Hochschulen – ein Weg mit einige sprachlichen und bürokratischen Hürden. Das DAAD-Programm „Zukunft Ukraine“ bietet ukrainischen Studierenden langfristige Perspektiven: Die Stipendiatinnen und Stipendiaten können bis zum Abschluss des Programms (Dezember 2024) in Deutschland studieren, aber auch nach einer Rückkehr an ihre Heimathochschule in der Ukraine weiter gefördert werden. Zehn Stipendien im Rahmen des DAAD-Programms „Zukunft Ukraine“ vergibt die Universität Bonn an Studierende und Promovierende aus der Ukraine. Im Rahmen dieses Programms wurde die Studienreise ausgeschrieben. Teilnehmen konnten alle Studierende der Universität Bonn. Die Hälfte der Plätze war für Studierende aus der Ukraine reserviert. Darüber bietet das Dezernat Internationales über das Programm politische und kulturelle Angebote wie diese Studienfahrt.