Wir erwischen die Studentin kurz vor Ostern. Eigentlich wäre sie mit dem Sprinter-Team für mehrere Tage ins Trainingslager nach Kroatien geflogen. „Es gibt einem eine ganz andere Motivation, wenn man mal aus den eigenen vier Wänden rauskommt und in anderer Umgebung trainiert“, stellt Schuster fest.
Doch die Corona-Pandemie wirft dem Plan einen Knüppel zwischen die Beine. Das Team verbleibt im heimischen Stadion des TSV Bayer 04 Leverkusen. Zu hoch ist das Risiko, bei positivem Test in Quarantäne zu müssen und nicht mehr ins Land zurück zu dürfen.
Schuster studiert molekulare Biomedizin im zweiten Semester – und das, wie schon beim Abitur, auf Distanz. Sprich: ohne Hörsäle, ohne Mensa. „Ich habe das Abi unter Corona-Bedingungen gemacht. Auch das Studium kenne ich nur in Corona-Zeiten. Ich weiß gar nicht, wie es anders ist.“ Kontakt zu Mitstudierenden aufzunehmen sei schwierig: Egal ob Ersti-Tage oder Tutorien – fast alles findet digital statt. Immerhin: Wegen Corona gewinnt sie etwas Zeit. Da die Vorlesungen digital stattfinden, kann sie morgens etwas länger schlafen.
Straffes Tagesprogramm
Kein Wunder, dass sie sich darüber freut. Denn ihr Tagesprogramm hat´s in sich: Nach der Uni fährt sie zum Training nach Manfort in Leverkusen. Das bedeutet zwei Stunden Fahrtzeit, fast jeden Tag. Bis in den Abend läuft sie über die roten Tartanbahnen des TSV, kehrt erst spät nach Bonn zurück. Seit November 2020 ist Schuster Mitglied des Werksteams. Im Sommer und Herbst stehen die deutschen Meisterschaften vor der Tür. Geplant ist eine Teilnahme mit dem Bundeskader an der U20-EM in Tallin und der verschobenen U20-WM in Nairobi. Falls Corona nicht wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Schuster ist optimistisch: „Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Für mich im Kopf finden die Wettbewerbe statt.“
Leichtathletik ist ihr Ding, das hat sie früh gemerkt. Angefixt durch die Bundesjugendspiele, begann sie mit Mehrkampf beim TUS Xanten. „Richtig los ging es aber erst mit 15 Jahren, als ich bei den Deutschen Meisterschaften im Einzel Silber gewann. Danach wurde ich direkt in den U20-Bundeskader aufgenommen“, berichtet sie, „Rennen, das macht mir Spaß.“
Was Leichtathletik und Hürdenlauf von Mannschaftssportarten unterscheidet? „Man ist mehr für sich selbst verantwortlich. Macht man einen Fehler, kann man nur auf sich selbst sauer sein. Das nimmt den Druck raus, anders als Mannschaftssport“, stellt sie fest. „Ich mag Sport generell ganz gerne. Etwa Volleyball. Aber für anderen Sport bleibt leider kaum Zeit – und außerdem ist das Verletzungsrisiko zu groß.“
Erholt von Verletzungen
Schuster hat sich gerade erst von einer Verletzung im Winter erholt. „Es war bei einem Testwettkampf. Bei den Hürden lief es richtig gut. Doch bei den 200 Metern in der Halle zog es plötzlich in den rechten Oberschenkel hinein.“ Bis kurz vor den deutschen Hallenmeisterschaften bedeutete dies: Keine Sprints, nur noch Stabilisierung und Krafttraining. Die Folge: Beim Wettkampf startete sie nur, um wieder Sicherheit zu gewinnen. „Nach einer Verletzung fällt man in ein kleines Loch. Eigentlich will ich, kann ich, aber es geht halt nicht. Das ist deprimierend“, beschreibt sie ihre Gefühle. Dabei ist diese Saison wichtig für Schuster: Sie studiert mit Deutschland-Stipendium, der Wechsel in den U23-Bundeskader steht an. Sie muss also weiter konstant gute Leistung bringen, um Teil des Kaders zu bleiben. Um mit diesem Druck, Rückschlägen und Verletzungen umzugehen, gibt’s nur eins: „Man muss sich da entspannen, locker und geduldig bleiben, seinen Plan konsequent weiterverfolgen“, so Schuster.