Stimmengewirr und Gelächter schallt durch das Bonner Universitätsforum, angenehme Vorfreude und Aufregung liegen in der Luft. Kurz vor der offiziellen Eröffnung des neuen Zentrums für Medizinische Datennutzung und Translation (ZMDT) an der Universität Bonn ist das Foyer voller Menschen. Alle warten darauf, dass es losgeht - die Eröffnung, aber auch die Arbeit.
Fortschritte in der Forschung und Therapie bei gleichzeitiger Datensicherheit: Das ist das Ziel des fakultätsübergreifenden Zentrums, das von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät, der Medizinischen Fakultät, der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät sowie dem Exzellenzcluster ECONtribute der Universitäten Bonn und zu Köln getragen wird.
Brandes: Transdisziplinarität große Stärke der Uni Bonn
Davon ist auch die Politik begeistert: Ina Brandes, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, ist persönlich zur Eröffnung des ZMDTs nach Bonn gereist und hebt in ihrem Grußwort den besonderen Mehrwert hervor: „An der Universität Bonn arbeiten exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedensten Disziplinen zusammen, um die großen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern. Dieser transdisziplinäre Ansatz ist eine große Stärke, die sich auch am ZMDT zeigt: Hier wird aus verschiedenen Perspektiven erforscht, wie Daten in der Medizin optimal zum Wohle der Patientinnen und Patienten genutzt werden können. Modernste Medizin-Forschung kann mit einer guten Datengrundlage hervorragende Ergebnisse erzielen. Beispielsweise sind bei Krebserkrankungen mit Hilfe von KI hoch individuelle Diagnosen und Therapien möglich. Von der Arbeit am ZMDT werden viele Menschen weit über Nordrhein-Westfalen hinaus profitieren.“
Auch Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch ist stolz auf das neue Zentrum, das ein weiteres Beispiel für die transdisziplinäre Forschung und Arbeit ist, die die Universität Bonn tagtäglich lebt: „Gerade in diesem Kontext ist es sehr wichtig, dass man über die Disziplinen hinweg zusammenarbeitet: Auf der einen Seite natürlich die Expertinnen und Experten im Bereich der Medizin, aber eben auch aus der Informatik und aus den Rechtswissenschaften.“. Nur wenn diese Felder zusammenkommen, könne man tatsächlich auch eine nationale und europäische Vorreiterrolle einnehmen und als Schrittmacher vorangehen.
Mithilfe von KI mehr Informationen aus MRT-Aufnahmen ziehen
Die Forschung des ZMDT soll helfen, Therapiemöglichkeiten datenbasiert auf neue Grundlagen zu stellen und technische Innovationen im Bereich der Diagnose, der Behandlung und der Prognoseabschätzung zu entwickeln. „Um die optimale Behandlung beispielsweise für einen Gehirntumor bestimmen zu können, müssen wir den Tumor bestmöglich verstehen“, sagt Prof. Dr. Alexander Radbruch, Direktor des ZMDT sowie Direktor der Klinik für Neuroradiologie des Universitätsklinikums Bonn. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz können viel mehr Informationen aus beispielsweise MRT Aufnahmen herausgezogen werden, als es dem Menschen möglich ist. Die KI könne erkennen, dass der Tumor bestimmte Strukturmerkmale hat, die Menschen mit dem bloßem Auge erstmal nicht wahrnehmen können, so Professor Radbruch.
Je besser die Diagnose, desto besser auch die Therapien. Doch dafür braucht die Medizin große Datensätze, mit denen die Systeme arbeiten und von denen sie lernen können. Der Schutz der Patientendaten ist dabei immens wichtig: „Der Datenschutz verhindert nicht alles, was wir an Forschung gerne tun wollen“, stellt Prof. Dr. Louisa Sprecht-Riemenschneider, Direktorin des ZMDT und Rechtswissenschaftlerin, klar. Gleichzeitig müssen die Interessen der Betroffenen natürlich angemessen berücksichtigt und die Patientendaten geschützt werden. „In der Medizin verfügen wir über die sensibelsten Daten, die es gibt,“ betont auch Professor Radbruch. „Um beides bestmöglich zu vereinen, die Datennutzbarkeit und den Datenschutz, haben wir dieses Zentrum gegründet, in der Hoffnung, dass wir der Politik hier als Impulsgeber helfen können.“
Lauterbach: Blicke voller Erwartungen auf erste Ergebnisse
An dem gesetzlichen Rahmen, der dafür nötig ist, arbeitet Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach tagesaktuell in Berlin. Seine Rede wurde daher per Videocall zugeschaltet. Initiativen wie das ZMDT seien genau das, was die Bundesrepublik aktuell brauche, damit das Thema der medizinischen Datennutzung weiter an Fahrt gewinnen könne. In Bonn werde erstklassige Arbeit gemacht und er blicke voller Erwartung auf die ersten Ergebnisse.
Diese Aufmerksamkeit aus Berlin scheint alle Anwesenden in Bonn nur noch mehr zu motivieren. Und was zu Beginn als freudige Aufregung im Universitätsforum zu spüren war, hat sich in Tatendrang verwandelt – um gemeinsam das Beste für die Medizin von morgen zu erreichen.