Bereits zum vierten Mal bietet Professor Dr. Martin Langer zusammen mit Partnern der Explorationsindustrie eine Ausbildung in "Angewandter Mikropaläontologie" an. Neben Masterausbildungen in London und Texas ist es der weltweit einzige Intensivkurs. Wissenschaftler und Industrielle reisen jährlich aus der ganzen Welt an " in steigender Zahl: "In diesem Jahr hatte ich fast 80 Anmeldungen auf dem Tisch", erzählt Professor Langer. Den Explorationsfirmen mangelt es nämlich an Fachleuten, die eine alte Kunst beherrschen: Die Analyse winziger Mikrofossilien, die Hinweise auf Ort, Verlauf und Größe von Öl- und Gaslagerstätten geben.
Der globale Energiebedarf und damit der Druck, Erdöl und Erdgas zu finden, steigen stetig, und eine optimale Ausbeutung der Lagerstätten ist heute wichtiger denn je: Die Produktionskapazitäten bewegen sich auf ihren Peak zu, allmählich werden die natürlichen Ressourcen knapp. "Die fossilen Rohstoffe liefern wahrscheinlich noch 60 bis 80 Jahre lang überlebensnotwendige Energie. Mit optimalen Strategien kann das Produktionsmaximum hinausgezögert werden", so Professor Langer.
Die Erdölindustrie besinnt sich mit der Nutzung der Mikropaläontologie auf ihre Wurzeln: Früher beschäftigten alle Explorationsfirmen eigene Fossilexperten. Zu Beginn der achtziger Jahre versprach man sich durch den Einsatz der Seismik bessere Erträge. Um den begehrten Energieträger aufzuspüren, schicken die Firmen dabei seismische Wellen in den Untergrund. Ähnlich einem Ultraschallbild liefert deren Ausbreitung und Reflexion ein tomographisches Bild vom Schichtverlauf der Gesteine und zeigt dem geschulten Auge mögliche Lagerstätten. Zahlreiche Mikropaläontologen wurden entlassen; entsprechend schlecht steht es heute um den Nachwuchs.
Die neue Technik hielt aber nicht, was sie versprach: "Die Auflösung der Seismik liegt nur bei etwa 100 Metern. Meist sind die Lagerstätten nur 20 bis 30 Meter mächtig", erklärt Professor Langer. "Außerdem lagern die erdölführenden Gesteinsschichten nicht immer horizontal, oft sind sie gefaltet, in unterschiedlich große Reservoire fragmentiert oder sogar plötzlich um mehrere Zehnermeter gegeneinander versetzt." Die Firmen bohren also oft in der falschen Tiefe oder können dem Verlauf der ölführenden Schicht nicht folgen. "Das kostet nicht nur Zeit sondern verschlingt enorme Mengen Kapital", weiß Langer. "Gelangt die Bohrung aus dem Reservoir in "trockenes" Gestein wird die Lagerstätte häufig zu früh aufgegeben. Fragmentierte Lagerstätten werden so nicht erreicht und die gesamte Quelle nur teilweise genutzt".
Ganz andere Methoden wendet die Mikropaläontologie an: Der Fachmann untersucht während der Bohrung ständig Proben des Gesteins, das nach oben befördert wird. Mikrofossilien verraten die Lage, Ausdehnung und Position der ölführenden Schichten, die in mehreren Kilometern Tiefe durch Druck und Temperatur aus organischem Material entstanden sind. An Hand der schichtweisen Zusammensetzung und Verteilung dieser versteinerten Mikroorganismen weiß der Experte auch, ob die Bohrung höher oder tiefer platziert oder umgelenkt werden muss, wenn sie plötzlich in trockenem Gestein steckt. So ist es möglich, der Lagerstätte bis auf einen Meter genau zu folgen.
Der Bedarf an entsprechend ausgebildeten Fachleuten ist enorm. "Es wird in Zukunft einen großen Bedarf an gut ausgebildeten Mikropaläontologen geben", freut sich Professor Langer. "Die Industrie besinnt sich wieder um und der Erfolg gibt uns Recht". Die Mikropaläontologie der Universität Bonn ist so zu einem internationalen Anlaufpunkt für diese fast vergessene Forschungsrichtung geworden. Im Jahr 2010 wird Bonn sogar Austragungsort des größten Mikropaläontologenkongresses für Fachleute aus Industrie und Forschung.
Kontakt:
Professor Dr. Martin Langer
Institut für Paläontologie
Telefon: 0228/73-4026
E-Mail: martin.langer@uni-bonn.de
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Versteinerte Einzeller wie diese weisen den Weg zum Öl. Foto: Arbeitsgruppe Professor Langer / Uni Bonn
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