Am Grund des Van-Sees lagern sich in den Sommermonaten helle Schichten aus Kalziumkarbonat ab, die Millionen von Pollen beherbergen. Im Winter wird dagegen dunkel gefärbter Ton eingetragen. Somit bildet eine helle und eine dunkle Schicht jeweils ein Jahr.
Bei der Klimarekonstruktion spielen diese jahreszeitlichen Ablagerungen eine entscheidende Rolle: Im Labor werden den Bohrkernen Proben entnommen und mit Laugen und Säuren bearbeitet. Nun zeigt sich der "wahre Schatz" der Ablagerungen für die Klimaforscher: die Pollen. Da jede Pflanze charakteristische Pollenkörner besitzt, können die Forscher die Pflanzenwelt der letzten 20.000 Jahre aus den neun Metern Sediment rekonstruieren. So sieht die Polle der Schafgabe stachelig aus wie ein Igel; das Korn der Kiefer ähnelt einem pausbäckigen Gesicht.
Jede Pflanze stellt besondere Ansprüche an ihre Umgebungstemperatur und die Niederschlagsmenge. "Finden wir nun in einem Präparat Pollen mehrere Arten, deren Standortansprüche wir kennen, können wir eine Wahrscheinlichkeitsaussage über das damalige Klima treffen", erklärt Professor Dr. Thomas Litt. Der Bonner Paläontologe ist Sprecher einer internationalen Forschergruppe, die künftig am Van-See noch tiefere Bohrungen durchführen möchte. Schon heute steht fest, dass das Klima seit der letzten Eiszeit zum Teil sehr wechselhaft war. Innerhalb von nur zehn oder zwanzig Jahren änderte sich manchmal das Klima gravierend.
Die Erforschung des damaligen Klimas wird auch in näherer Zukunft die Wissenschaftler aus Bonn beschäftigen. 250 Meter Sediment sollen durch Bohrungen von einer schwimmfähigen Plattform aus erschlossen werden. Ein interessantes Projekt, da nicht nur die Vergangenheit, sondern in gewisser Weise auch die Gegenwart und Zukunft erforscht wird: Die gewonnenen Erkenntnisse helfen, die momentane Wärmeperiode einzuordnen. In Zeiten der Diskussion um den Klimawandel ein spannendes Thema, in welches das Goldfuß-Museum nun einen Einblick gibt.
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Kiefernpollen (c) AG Litt