"Das Gehirn hat mich schon in der Schule fasziniert, gerade weil es höchst kompliziert ist", sagt Professor Coenen. Heute operiert er das Gehirn mit einem speziellen Verfahren, der so genannten Stereotaxie. Dazu berechnet der Bonner Neurochirurg die Zielpunkte exakt im dreidimensionalen Raum des Kopfes. Dank tomographischer Aufnahmen des Gehirns erreicht er dabei eine hohe Präzision. So kann er selbst äußerst kleine und tief gelegene Hirnareale punktgenau erreichen.
Ein am Kopf befestigter Metallrahmen ist dabei wesentlich für seine Zielgenauigkeit, wenn er über ein kleines Bohrloch in das Gehirn vordringt. "Wir Neurochirurgen können uns keinen Fehler erlauben. Denn zerstörtes Gehirngewebe ist unwiederbringlich." Daher erforscht Professor Coenen, wie neuroradiologische Zusatzinformationen Operationen im Gehirn weiter verbessern können. Professor Coenen sieht sich aber nicht nur als Chirurg und Forscher, sondern vor allem auch als Lehrer: "Bisher gibt es keine Facharztausbildung zum Stereotaktiker. Daher möchte ich meine Kenntnisse über das Gehirn mit den Studenten teilen."
Morbus Parkinson ist operierbar
Mit stereotaktischen Operationsverfahren lassen sich unter anderem Hirntumore entfernen oder Bewegungsstörungen wie Morbus Parkinson mittels Tiefer Hirnstimulation therapieren. Allein in Nordrhein Westfalen sind 30.000 Menschen an Parkinson erkrankt " ausgelöst durch einen Mangel an dem Botenstoff Dopamin. Dadurch ist der Informationsfluss in den Hirnregionen gestört, die Bewegungen planen und steuern. "Ein falscher Dirigent bringt das Orchester aus dem Takt", sagt Professor Coenen. Der Betroffene ist unfähig zielgerichtete Bewegungen auszuführen. Die Symptome der langsam fortschreitenden Erkrankung sind Zittern, Gang- oder Gleichgewichtsstörungen und verlangsamte Bewegungen bis hin zur Muskelstarre.
Schätzungsweise könnte jeder fünfte Parkinson-Patient von einer Tiefen Hirnstimulation profitieren. "Doch die meisten kennen diese sichere und wirksame Option nicht, obwohl sie schon seit mehr als 15 Jahren weltweit durchgeführt wird", sagt Professor Coenen. Die Tiefe Hirnstimulation erfordert engste Teamarbeit von Neurologen, Anästhesisten und Neurochirurgen. Dabei werden unter lokaler Betäubung feine Elektroden in die fehlgesteuerten Hirnregionen implantiert. Die Elektroden sind durch ein Kabel mit einem elektrischen Pulsgenerator verbunden. Dieser wird nahe dem Schlüsselbein unter die Haut eingesetzt und lässt sich von außen individuell programmieren. Die Stimulationssignale blockieren nun die Areale, die für die typischen Symptome der Parkinson Krankheit verantwortlich sind. "Die elektrischen Impulse zwingen dem Orchester quasi einen neuen Dirigenten auf", erklärt Professor Coenen. Bei der Methode wird kein Hirngewebe zerstört.
Neue Impulse für die Forschung
Große Hoffnung setzt der Mediziner auf das neue "Deutsche Zentrum für die Erforschung Neurodegenerativer Erkrankungen" (DZNE), das im nächsten Januar nach Bonn kommt. Denn dadurch eröffnet sich unter anderem für Parkinson-Patienten eine breitgefächerte Versorgung unter einem Dach. Durch die fachübergreifende enge Zusammenarbeit können auch die Patienten besser erkannt werden, für die eine Tiefe Hirnstimulation eine Option ist. "Wir können Parkinson zwar bisher nicht heilen, dafür aber gut behandeln", sagt Professor Coenen, der sich vom Demenzforschungszentrum auch zusätzliche Impulse in der Parkinson-Forschung erhofft.
Kontakt für die Medien:
Professor Dr. Volker Arnd Coenen
Schwerpunkt Stereotaxie und MR - basierte Operationsverfahren
Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie
Universitätsklinikum Bonn
Telefon: 0228/287-16503
E-Mail: volker.coenen@ukb.uni-bonn.de
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Professor Dr. Volker A. Coenen; (c) Johann Saba / Medienzentrum UKB
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Neue Professur für Stereotaxie auf dem Venusberg
Professor Dr. Volker Arnd Coenen leitet den neuen Schwerpunkt für Stereotaxie an der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Bonn. Mit modernsten Methoden kann der 36-jährige Neurochirurg defekte Hirnstrukturen operieren, ohne dabei intaktes Gewebe zu schädigen. Über ein kleines Loch im Schädel implantiert er beispielsweise Elektroden punktgenau in fehlgesteuerte Hirnregionen. Ähnlich einem Herzschrittmacher stimulieren dann schwache elektrische Impulse diese Regionen. Diese so genannte Tiefe Hirnstimulation kann unter anderem Parkinson-Patienten helfen. Professor Coenen studierte in Aachen und sammelte dort auch erste Erfahrungen mit stereotaktischen Operationsverfahren. Zuletzt war der Vater von zwei Kindern an der University of British Columbia in Vancouver/Kanada tätig.