Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Morbus Parkinson, Querschnittslähmung, oder Schlaganfall können oft ihre Harnblase nicht kontrollieren - Lebensqualität und Selbstwertgefühl sinken enorm. Doch Blasenschwäche, fachsprachlich Harninkontinenz genannt, ist auch heute immer noch ein Tabuthema. "Viele Betroffene gehen aus Scham erst gar nicht zum Arzt, obwohl dieses Symptom auf alle Fälle abgeklärt und behandelt werden muss", konstatiert Professor Reitz. Denn sonst drohen Infektionen der Harnwege und ein Nierenversagen. Die für Deutschland einmalige Stiftungsprofessur für Neuro-Urologie bietet jetzt Betroffenen innerhalb der Region eine umfassende Diagnostik und Therapie aus einer Hand. "Die Patienten sind oft an einen Rollstuhl gebunden und leiden unter zusätzlichen Problemen wie Spastik", sagt Professor Dr. Stefan C. Müller, Direktor der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Bonn. "Die enge wissenschaftliche Zusammenarbeit von Experten des Neurozentrums unserer Universität, Universitäts-Urologen sowie Neurologen und Rehabilitationsexperten von der Godeshöhe verspricht eine hoch qualifizierte Versorgung." Dabei gilt es unter anderem die Funktion von Blase und Schließmuskel zu erhalten, zu reparieren und wenn nötig zu ersetzen.
Effektiv gegen überaktive Blase
Bei Patienten mit einer neurologischen Erkrankung ist häufig ein überaktiver Blasenmuskel Ursache für die Blasenschwäche. Obwohl die Blase nicht vollständig gefüllt ist, verspürt der Betroffene einen zwingenden Harndrang. Falls Medikamente nicht helfen oder zu starken Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Verstopfungen oder Sehstörungen führen, empfiehlt Professor Reitz eine hochwirksame Alternative. Eine einzige Injektion des Nervengifts Botulinumtoxin in den Blasenmuskel blockiert dessen Muskelaktivität. Dieser positive Effekt hält bis zu einem Jahr. Dann kann der etwa 15 Minuten dauernde, meist unter lokaler Betäubung durchgeführte Eingriff wiederholt werden.
Das Gefühl einer vollen Blase wird über die Nervenbahnen im Rückenmark auch an das Gehirn gesendet. Eine so genannte sakrale Neurostimulation kann diese falsche Mitteilung korrigieren und die Dranghäufigkeit reduzieren. Dazu wird ein Blasenschrittmacher implantiert, der gezielt Nerven durch leichte elektrische Impulse stimuliert. Dadurch kommt die Koordination zwischen Gehirn, Blase und Schließmuskeln wieder in Einklang. Neben diesen Optionen bei einer überaktiven Blase bietet Professor Reitz auch verschiedene Operationsverfahren bei anderen Blasenfunktionsstörungen und Harninkontinenz an: "Auch hier gilt, dass eine erfolgreich Behandlung mit Medikamenten oder einem Eingriff in den meisten Fällen möglich ist. Das gibt vielen Betroffenen ein Stück Lebensqualität zurück."
Tabuthemen unterhalb der Gürtellinie
Neben Blasenfunktionsstörungen gilt sein akademisches Interesse auch der Männergesundheit. Probleme rund um Erektion, Fruchtbarkeit, Prostata sowie um Vitalität und Sexualität ab 60 sind für viele Männer Tabuthemen. "Männer sind meist schlecht über ihre Gesundheit informiert. Sie neigen dazu, Probleme unterhalb der Gürtellinie galant zu überspielen oder verschämt zu verschweigen", sagt Professor Reitz. Daher fasste er seine Erfahrungen als Wissenschaftler und praktizierender Urologe in dem Buch "Vom Bauchnabel abwärts " Das Gesundheitsbuch für den Mann" zusammen. Das Buch " ein humorvoller Mix aus Forschung und Praxis - ist mittlerweile in der dritten Auflage im Hirzel-Verlag erschienen.
Kontakt:
Professor Dr. André Reitz
Leiter der Abteilung für Neuro-Urologie
Neurologisches Rehabilitationszentrum
Godeshöhe
Telefon: 0228/381-348 oder -349
E-Mail: reitz@godeshoehe.de
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Professor Dr. André Reitz (c) Foto privat