Über eine Ausstellung hatte Petra Kissling-Koch 1994 den deutsch-britischen Szenenbildner Sir Ken Adam kennengelernt, der unter anderem für seine Mitarbeit bei den frühen James-Bond-Filmen berühmt wurde. Seitdem war sie von seinem Werk fasziniert. „James-Bond-Filme fand ich schon immer toll, vor allem die frühen Werke“, erzählt Kissling-Koch. 2002 hatte sie bereits ihre Magisterarbeit darüber geschrieben, die sie im Anschluss zur Doktorarbeit ausgeweitete. Die Untersuchung erstreckt sich über Adams Wirken als „Production Designer“ vom ersten James Bond-Film „Dr. No“ über den Klassiker „Goldfinger“ bis hin zu „Moonraker“, Adams letzten „Bond“.
„Mit dem Hintergrundwissen, das ich habe, sieht man die Filme ganz anders“, erklärt die Autorin. Auch wenn ich einen neuen James-Bond-Film betrachte, schaue ich zuerst, was von der alten Ästhetik übrig geblieben ist. Auf die Handlung achte ich weniger. Die wiederholt sich sowieso immer wieder. Ich schaue nach dem Look. Ich glaube, ich kann mir 007 gar nicht mehr normal ansehen.“
In ihrer Dissertation zeichnet Kissling-Koch die Entwicklung von Sir Ken Adams Arbeit nach. So habe er für den ersten Film nur ein sehr kleines Budget in Anspruch nehmen können. Bis zu „Moonraker“ sei es aber gerade zu explodiert. Dies zeige die Bedeutung Adams für die weltweit populärste Agenten-Saga, so Kissling-Koch. „Das Design der James-Bond-Filme unter Ken Adam ist ein visuelles und architektonisches Zeugnis seiner Zeit, der Nachkriegs- und Konsumgesellschaft“, bilanziert Kissling-Koch. „Seine gestalterische Entwicklung ist enorm. Anfangs hat Adam sich am Bauhaus-Stil orientiert und im Anschluss andere Formsprachen im Stil der 1960er Jahre entwickelt. Dabei offenbart sich vor allem der Konflikt zwischen Tradition und Moderne.“
Ihr Hauptthema „Machträume“ veranschaulicht sie mit einem ganz einfachen Beispiel: „Adams hat ganz bewusst mit kleinen Details gespielt, wie zum Beispiel Kunst. In Dr. No hat er ein Bild von Francisco de Goya in den Empfangsraum von Dr. No eingearbeitet. Tatsächlich war es kurz zuvor aus der National Gallery gestohlen worden. Die Geschichte ging durch die Medien. So hat er nur mit diesem Detail klar gemacht: die haben es gestohlen, die sind die Bösen.“
Ken Adam machte nach dem Krieg als Szenenbildner in London Karriere. Neben seiner Arbeiten für die James-Bond-Reihe erlangte vor allem sein Set-Entwurf für Stanley Kubricks „Dr. Seltsam oder wie ich lernte die Bombe zu lieben“ Weltruhm. Adam wurde zwei Mal mit dem Oscar ausgezeichnet. Er lebt in London und wird am 5. Februar 2011 90 Jahre alt.
Die Jury des Ulrich-Weidner-Preises hat das Thema überzeugt. „Filmarchitektur als Thema einer kunsthistorischen Arbeit ist ja eher ungewöhnlich. Ich finde es hervorragend, wie sie im konkreten Fall mit Methoden der Kunstgeschichte analysiert wurde“, begründet Roland Kanz, Jurymitglied und Professor des Kunsthistorischen Instituts der Universität Bonn, die Entscheidung. „Mit der Auszeichnung möchten wir weitere Studenten dazu ermutigen, sich innovativen Themen zu widmen.“
Der Ulrich Weidner-Preis wird seit 2008 zweijährlich verliehen und richtet sich an Bonner Doktoranden der Kunstgeschichte. Er ist dem ehemaligen Bonner Kunstgeschichts-Studenten Ulrich Weidner gewidmet. Er war plötzlich und unerwartet verstorben. Seine Mutter hat die Stiftung gegründet, um seiner zu Gedenken.
Petra Kissling-Koch (38) ist verheiratet und hat einen sechsjährigen Sohn. Sie lebt in München. Für ihre Dissertation liegen ihr bereits mehrere Angebote von Verlagen zur Veröffentlichung vor.
Kontakt:
Prof. Dr. Roland Kanz
Institut für Kunstgeschichte der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-7335
E-Mail: r.kanz@uni-bonn.de
Kontakt:
Petra Kissling-Koch
Telefon: 089/75900690
E-Mail: Pekikoch@web.de
29. November 2010
„Ich kann mir 007 gar nicht mehr normal anschauen!“ „Ich kann mir 007 gar nicht mehr normal anschauen!“
Auszeichnung für Bonner James Bond-Forscherin
Petra Kissling-Koch hat für ihre Dissertation an der Universität Bonn „MACHT (T)RÄUME. Ken Adam und James-Bond-Filme" den Ulrich Weidner-Preis für Kunstgeschichte verliehen bekommen. Der Preis ist in diesem Jahr mit 2.100 Euro dotiert. In ihrer mehr als 500 Seiten starke Doktorarbeit hat die Autorin die James-Bond-Filme unter einem ganz besonderen Blickwinkel betrachtet.
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