An jeder Treppe hatte Paula S. Angst, die Kontrolle über Arme und Beine zu verlieren und zu stürzen. Im Schwimmbad wäre sie sogar fast ertrunken: „Alle dachten, ich würde tauchen.“ Tatsächlich hatte sie wieder eine Lähmung, bedingt durch eine kurzzeitige Muskelschwäche - ein Symptom der Narkolepsie. Solche so genannten Kataplexien können durch Gefühlsregungen jeder Art ausgelöst werden – bei Paula S. sind es neben Trauer, Wut und Angst vor allem Freude. „Ich bin viel zurückhaltender geworden“, sagt die ansonsten lebenslustige junge Frau.
Endlich eine Diagnose
Hinzu kam die Furcht, eines Tages im Rollstuhl zu sitzen: „Endlich zu wissen was man hat, war wirklich eine große Erleichterung.“ Bei dieser seltenen neurologischen Erkrankung könne es schon mal bis zu zehn Jahre dauern, bis sie diagnostiziert wird, so Dr. Annika Spottke, Ärztin an der Bonner Universitätsklinik für Neurologie. Klarheit fand Paula S. endlich im Schlaflabor, das sich auf neurologisch bedingte Schlafstörungen spezialisiert hat. Bereits nach einer kontrollierten Nacht und Tagmessung im High-Tech-Schlafzimmer konnte die Leiterin des Schlaflabors Spottke bei ihrer Patientin mit hoher Gewissheit von einer Narkolepsie ausgehen.
Im Schlaflabor wurde Paula S. dazu vor der Nachtruhe verkabelt, um unter anderem ihre Hirnströme, Muskelbewegungen, Atmung, EKG, Sauerstoffsättigung und EKG aufzuzeichnen. An einem Monitor überwachte Spottke den Schlaf ihrer Patientin. Anhand der gesammelten Daten erkannte die Neurologin, dass bei Paula S. der Traumschlaf unüblicherweise sehr rasch nach dem Einschlafen eintritt - ein mögliches Zeichen für Narkolepsie. „Die normalen Schlafphasen sind aus dem Takt, weil ihr Taktgeber im Gehirn durcheinander geraten ist“, erklärt Spottke.
Jetzt schlaf dich doch mal aus!
Ein weiteres Hauptsymptom der Narkolepsie ist eine permanente Müdigkeit mit kurzen Schlafattacken. Zudem leiden die Betroffenen unter Schlafstörungen. So wacht Paula S. jede Nacht viermal auf und kämpft tagsüber gegen die Müdigkeit. Dabei hat die junge Frau gelernt, diese zu verbergen. Denn bei der Arbeit stieß sie oft auf Unverständnis und bekam zu hören: „Jetzt schlaf dich doch mal aus!“
Diagnose eröffnet eine erhöhte Lebensqualität
Mit Hilfe von Spottke kann Paula S. inzwischen gut mit den Auswirkungen der chronischen Krankheit umgehen. „Ist die Narkolepsie erst einmal diagnostiziert, kann die Lebensqualität deutlich erhöht werden“, sagt die Neurologin. „Es gibt gute Behandlungsmöglichkeiten.“ Ein strukturierter Tagesablauf und eine medikamentöse Unterstützung erleichtern Paula S. den Alltag. Auch vermeidet die 34-Jährige Stress. So erledigt sie ihren Wochenendeinkauf beispielsweise nicht Freitagabends müde nach der Arbeit, sondern Samstagmorgens. Zudem hilft Schlafhygiene. Das sind Verhaltensmaßnahmen, die einen erholsamen Schlaf unterstützen. Daher geht Paula S. täglich zur gleichen Uhrzeit zu Bett und steht zur gleichen Zeit auf. „Auch kurze Schlafpausen am Tag, sind hilfreich“, weiß die Neurologin Spottke.
Besonders traurig ist Paula S. darüber, dass ihre beiden Kinder beim Sport auf ihre Mama verzichten müssen. Da springen dann öfter mal Familie und Freunde ein. Aber eines ist für die allein erziehende Mutter ganz klar: Sie gibt sich nicht mit ihrem Schicksal zufrieden, sondern kämpft jeden Tag gegen die Narkolepsie.
Kontakt:
Dr. Annika Spottke
Leiterin des Schlaflabors
Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Bonn
Telefon: 0228/287 15627
E-Mail: Annika.Spottke@ukb.uni-bonn.de