In Deutschland erleiden rund 280.000 Menschen pro Jahr einen Herzinfarkt, mehr als 52.000 sterben an den Folgen. Durch ein verstopftes Gefäß werden Teile des Herzmuskels nicht mehr ausreichend durchblutet, das Gewebe stirbt ab. Diese Regionen werden aber nicht durch neue Herzmuskelzellen, sondern durch Narbengewebe ersetzt – dadurch sinkt nach einem Infarkt meist die Pumpleistung des Herzens. Wissenschaftler des Universitätsklinikums Bonn haben nun erfolgreich eine neue Methode an Mäusen getestet, mit der sich das Narbengewebe reduzieren und die Herzleistung steigern lässt.
Mikrobläschen werden im Herzen in Schwingung versetzt
„Es gibt Versuche, das Narbengewebe mit Gentherapie oder Stammzellen zu behandeln - wir haben dagegen einen physikalischen Therapieansatz gewählt“, berichtet Privatdozent Dr. med. Alexander Ghanem von der Kardiologie des Universitätsklinikums Bonn. Die Forscher spritzten insgesamt 17 Mäusen, die zuvor einen Herzinfarkt erlitten haben, mikroskopisch kleine, gasgefüllte Bläschen in den Blutkreislauf. Sobald die Mikrobläschen im Herz angekommen waren, wurden sie dort mittels fokussierten Ultraschalls in Schwingung versetzt. „Durch diesen mechanischen Reiz wird die Durchblutung der Infarktareals verbessert - und die Narbe wird kleiner“, sagt der Herzspezialist.
Behandelte Tiere bildeten keine Herzschwäche aus
Die Wissenschaftler verglichen die Ergebnisse der mit den Mikrobläschen behandelten Mäuse mit einer Kontrollgruppe. Zwei Wochen nach dem Herzinfarkt kam es in der Kontrollgruppe durch die Ausreifung des Narbengewebes zur erwarteten Verschlechterung der Herzleistung. Die mit den Mikrobläschen behandelten Mäuse bildeten hingegen keine Herzschwäche aus. „Die Pumpfunktion war bei den therapierten Tieren im Vergleich zur Kontrollgruppe deutlich besser, die Menge des zugrunde gegangenen Herzmuskelgewebes war zudem deutlich kleiner“, fasst Jonas Dörner, der Erstautor der Studie, das Ergebnis zusammen. Neben der Kardiologie waren auch die Herzchirurgie, die Anästhesiologie und das Institut für Physiologie an den Untersuchungen beteiligt.
Ultraschallbehandlung regt Wachstumshormone an
Die Wissenschaftler fahndeten nach den Ursachen des erfreulichen, jedoch bislang unerklärten Therapieerfolgs. Es zeigte sich, dass nach der Ultraschallbehandlung bei den Mäusen die Menge körpereigener Wachstumshormone im Herzen deutlich anstieg. „Das ist offenbar der Grund, warum durch die schwingenden Mikrobläschen die Narbenbildung rückläufig war“, sagt Dr. Ghanem. Die Wissenschaftler hoffen nun, dass irgendwann auch Menschen mit der Mikrobläschen-Ultraschall-Methode therapiert werden können, dafür sind jedoch noch weiterführende Untersuchungen notwendig. „Perspektivisch kommen für diese Nachbehandlung sämtliche Patienten nach einem akuten Herzinfarkt in Frage“, erläutert der Kardiologe des Bonner Universitätsklinikums. Interessanterweise werden die Mikrobläschen bereits als diagnostisches Kontrastmittel verwendet.
Neuartige Ultraschallmethode zum Patent angemeldet
Aus der Studie, die mit Unterstützung des Förderprogramms BONFOR der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn und der Deutschen Herzstiftung e.V. durchgeführt wurden, ging eine Patentanmeldung hervor. „Wir haben zusammen mit der Firma Philips Medical einen neuartigen Ultraschallkopf entwickelt, der eine standardisierte Impulsabgabe im Herzen erlaubt“, berichtet der Kardiologe. Das Besondere daran ist, dass sich in einem Hybridschallkopf zwei miteinander gekoppelte Ultraschallquellen befinden: Eine mit niedriger Frequenz für die fokussierte Anregung der Mikrobläschen im Zielorgan und eine mit höherer für die Erzeugung eines Bildes. Damit lässt sich sehr genau ermitteln, wo sich das Narbengewebe und die Mikrobläschen befinden. „Das zeigt, dass universitäre Forschung technologische Entwicklungen in der Medizin beflügelt“, sagt Dr. Ghanem.
Publikation: Ultrasound-mediated stimulation of microbubbles after acute myocardial infarction and reperfusion ameliorates left-ventricular remodelling in mice via improvement of borderzone vascularisation, PLOS ONE, DOI: 10.1371/journal.pone.0056841, Internet: http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0056841
Kontakt:
Privatdozent Dr. med. Alexander Ghanem
Medizinische Klinik und Poliklinik II
des Universitätsklinikums Bonn
Tel. 0228/28715507
ghanem@uni-bonn.de