Es ist spät am Abend: Nach einer fast zehnstündigen Fahrt im Schritttempo über ausgewaschene Sandpisten kam das deutsche Team erschöpft in Subawanga im Westen Tansanias an. Es ist die Hauptstadt der eher ländlichen und armen Rukwa-Region. Sie hat 100.000 Einwohner. Dort kooperierte das Team mit dem „Dr. Atiman Memorial Hospital“. Es wird von der dortigen Diözese betrieben.
Dank dem Benediktiner Dr. Ignas Dandah, dem lokalen Allgemeinmediziner, hatte sich die Nachricht, dass Ärzte aus Deutschland kommen, bis zu 150 Kilometer weit herumgesprochen. So hatten sich in den nächsten Tagen rund 300 Patienten, die sich ansonsten keinen Arztbesuch leisten könnten, im Krankenhaus eingefunden. Manchen fehlte sogar für die Anreise per Bus das Geld. „Sie kommen dann auch größere Strecken zu Fuß“, sagt Dr. Markus Martini, Leitender Oberarzt der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum Bonn.
Er und seine fünf Ärzte-Kollegen – zwei Anästhesisten, ein Allgemeinchirurg, ein Orthopäde und eine Gynäkologin – schauten sich alle Hilfesuchenden an. „Leider konnten wir nicht allen helfen“, sagt Martini. „Denn wir müssen unter den vor Ort herrschenden Bedingungen risikoarm arbeiten. Uns sind somit Grenzen gesetzt.“
100 Patienten standen auf dem OP-Plan
Da war ein achtjähriges Mädchen mit zwei flügelförmigen Hautfalten am Hals, die sich vom seitlichen Hinterkopf zur Schulter zogen. Dieses so genannte „Flügelfell“ ist eine eher seltene Fehlbildung. Ein Mann hatte durch einen Menschenbiss die halbe Unterlippe verloren. Ein Anderer erlitt tiefe Schnittwunden durch eine Machete. Viele Patienten hatten enorm vergrößerte Schilddrüsen. Hinzu kamen wulstartige, aber harmlose Haut-Wucherungen oder falsch verheilte alte Brüche. Eine junge Frau litt unter einer gutartigen Fettgeschwulst - etwa so groß wie eine Orange - direkt oberhalb der Stirn.
Neun Tage, über zehn Stunden täglich operierte das Team nicht gerade unter einfachen Bedingungen. In einem extra für solche Einsätze von Interplast mit dem gerade notwendigsten medizinischen Equipment ausgestatteten Raum arbeiteten sie simultan an zwei OP-Tischen. „Wir waren alle immer im Einsatz und das bei 30 °C“, sagt Martini. Manchmal flackerte das Licht, denn die Stromversorgung ist nicht verlässlich. Dann musste der selbst organisierte Notgenerator einspringen.
Helfen, wo es nötig ist
Nach getaner Arbeit konnte das deutsche Team ruhigen Gewissens die Heimreise antreten. Denn ihr einheimischer Kollege Ignas Dandah übernimmt die Nachsorge. „Er kümmert sich engagiert und gewissenhaft fast rund um die Uhr um die Patienten“, sagt Martini. Es ist das dritte Mal, dass der Bonner Arzt für einen solchen Hilfseinsatz seinen Erholungsurlaub mit seiner Familie opferte. Doch seine Ehefrau ist selbst Ärztin und hat volles Verständnis für sein Engagement in der Freizeit und fernab der Heimat. „Es ist unser gemeinsamer Beitrag. Denn so kann ich direkt vor Ort Menschen die Hilfe geben, die sie sonst nicht bekommen würden“, beschreibt der Vater von zwei Söhnen seine Motivation.
INTERPLAST-Gemany e.V. ist ein gemeinnütziger Verein für kostenlose Plastische Chirurgie in Entwicklungsländern. Weitere Informationen gibt es im Internet unter http://www.interplast-germany.de.
Kontakt:
Dr. Dr. Markus Martini
Oberarzt an der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Universitätsklinikum Bonn
Telefon: 0228/287-15203
E-Mail: Markus.Martini@ukb.uni-bonn.de