Die im Ägyptischen Museum der Universität Bonn ausgestellten Wachsmodelle und Gussformen sind vollständig oder nahezu vollständig erhalten, obwohl üblicherweise Modelle und Gussformen im Herstellungsprozess eines Bronze-Objekts zerstört werden. Die weltweit einmalige Sammlung war bereits 1970 von Bonner Ägyptologen auf dem Gräberberg der Qubbet el-Hawa gegenüber von Assuan entdeckt worden. Durch modernste bildgebende Verfahren und Materialanalysen bei der Bundesanstalt für Materialforschung konnten nun im Lauf des Jahres 2014 bisher unerreichte Einblicke in die antike Gusstechnik gewonnen werden.
Die Objekte von der Qubbet el-Hawa entstammen einer altägyptischen Werkstatt, in der man vornehmlich Kleinbronzen von ägyptischen Göttern herstellte. Solche Götterbronzen waren überall in ägyptischen Kultstätten und Tempeln präsent und gehören zu den meist verbreiteten Stücken in den entsprechenden Museen der Welt. Sie repräsentieren in vielen verschiedenen Ausprägungen die vorherrschenden altägyptischen Ideen von der Götterwelt sowie die Vitalität religiöser Praktiken ab.
Zugleich erstaunt die große Verbreitung der Gussformen und Wachsmodelle sowie die vielen verschiedenen handwerklichen, religiösen oder kriegerischen Zwecke, denn: die anzuwendende Technologie war sehr kompliziert. Die Ausstellung im Bonner Ägyptischen Museum stellt sie vor. Das Wachsausschmelzverfahren ist die wohl anspruchsvollste Kulturtechnik der Antike. Erst ein mehrfacher Gestalt- und Substanzwechsel lässt aus einem Wachsmodell eine Bronzefigur entstehen.
Bonner Ausstellungsschwerpunkt: das Wachsausschmelzungsverfahren
Der in Bonn gewählte Schwerpunkt der Ausstellung informiert darüber, wie das Wachsausschmelzverfahren funktioniert, welche Objekte damit gegossen werden konnten, wozu eben diese genutzt wurden und wie sie im Verlauf von mehreren tausend Jahren erhalten geblieben sind. Schließlich eröffnet die Bonner Ausstellung Einblicke in Methoden der Forschungsarbeit: Mit welchen Techniken und welchen Kooperationspartnern gelangen Ägyptologen hier zu neuen Erkenntnissen?
Die Ausstellung wurde möglich durch die Kooperationen mehrerer Sammlungen: Es sind einmalige Stücke aus dem Museum August Kestner (Hannover), dem Herzogliches Museum Stiftung Schloss Friedenstein Gotha und dem Ägyptischen Museum Georg Steindorff (Universität Leipzig) erstmals in Bonn zu sehen. Die Ausstellung wird an vier Standorten in Deutschland gezeigt und eröffnet im Ägyptischen Museum der Universität Bonn. Reichtum und Qualität der ägyptischen Metallkunst werden durch eine Auswahl von Stücken aus den Museen Bonn, Hannover, Gotha und Leipzig vorgeführt. Die vier Museen setzen Akzente entsprechend ihrer Sammlungsprofile.
Die Sonderausstellung „Gegossene Götter“ ist vom 23. Oktober 2014 bis zum 8. März 2015 im Ägyptischen Museum der Universität Bonn zu sehen. Sie wurde möglich durch die Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung und durch die Kooperation mit dem LVR Landesmuseum Bonn. Ein reichhaltig illustriertes Kataloghandbuch fasst den aktuellen Stand der Erforschung der Metallbearbeitung und der Technologie des Positiv-Negativ-Verfahren zusammen.
Eröffnung der Ausstellung: Die Ausstellung wird eröffnet am Mittwoch, 22. Oktober 2014, 18:30 Uhr im Ägyptischen Museum der Universität Bonn, Regina-Pacis-Weg 7, 53113 Bonn.
Ansprechpartner:
Dr. Martin Fitzenreiter, Kurator
Ägyptisches Museum der Universität Bonn
Regina-Pacis-Weg 7, 53113 Bonn,
Tel: 0228-73-9710
E-Mail: aegyptisches-museum@uni-bonn.de
Internet: www.aegyptisches-museum.uni-bonn.de
Gegossene Götter Gegossene Götter
Sonderausstellung: Metallhandwerk und Massenproduktion im Alten Ägypten
Nahezu fünftausend Jahre alte Wachsmodelle und Gussformen aus einer Gusswerkstatt der Pharaonenzeit zeigt das Ägyptische Museum der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn ab dem 23. Oktober 2014. Weltweit einzigartig erhaltene Objekte können durch Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung und durch die Zusammenarbeit mit dem LVR-Landesmuseum Bonn öffentlich gezeigt werden.
Rekonstruktion des Kindgottes Harpokrates
- Rekonstruktion von Wandung und Innenraum einer Gussform für Wachsausschmelzverfahren auf Grundlage von Mikro-CT-Daten. Hohlraum in Gussform dreidimensional dargestellt; es sollte offenbar Figur des altägyptischen Kindgottes Harpokrates gegossen werden.
© Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung / Dietmar Meinel 2014
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Bronzefigur des Harpokrates
- Bronzefigur des Kindgottes Harpokrates, um 300 v.Chr.
© Ägyptisches Museum – Georg Steindorff – der Uni Leipzig, Marion Wenzel 2014