Ein Stein, ein nahezu unbearbeiteter und daher hässlicher Stein, war im Akademischen Kunstmuseum der Universität Bonn zurück geblieben, als alle anderen ägyptischen Objekte schon längst in das 1928 gegründete Ägyptische Museum der Bonner Uni umgezogen waren. Die Herkunft und richtige Deutung dieses Steins war offenbar in Vergessenheit geraten und er geriet nie ins Visier der Forscher, um ihn einmal näher zu bestimmen.
Dr. Nele Schröder-Griebel, hier noch im Akademischen Kunstmuseum,
wo der Würfelhocker Jahrzehnte verbracht hat.
Die Kustodin des Museums, Dr. Nele Schröder-Griebel, hat sich nun bei der Vorbereitung einer Ausstellung über das Werk des früheren Direktors, Prof. Georg Loeschke, die Schenkungen aus jener Zeit näher angeschaut. Die Recherche führte schließlich zu Akten, die auch eine Liste der Deutschen Orientgesellschaft über Geschenke an das Akademische Kunstmuseum in Bonn umfassen.
Der Unvollendete
Heute ist klar: Der "hässliche" Stein ist eine ägyptische Sitzstatuette, ein sogenannter Würfelhocker, der nicht vollendet wurde. Er war mit einer Reihe anderer Objekte aus einer Grabung in den Jahren 1901 und 1902 bei Abusir, 50 Kilometer südlich von Kairo, von der Deutschen Orientgesellschaft über Berlin nach Bonn an das Akademische Kunstmuseum gelangt.
In dessen Eigentum bleibt das Objekt. Seine neue Heimat findet der Würfelhocker aber nun auf der anderen Seite des Hofgartens im Ägyptischen Museum der Universität Bonn. Der Kurator des Ägyptischen Museums, Dr. Andreas Dorn, nahm nun die Sitzstatuette als Dauerleihgabe in Empfang: „Der Würfelhocker stellt für die Ägyptische Sammlung in mehrerer Hinsicht eine Bereicherung dar. Einerseits können wir unseren Besuchern erstmals eine solche unfertige und zugleich in diesem Zustand fast vollständig erhaltene Statue zeigen. Andererseits lässt sich das Werkstück didaktisch bestens verwenden, um Arbeitsprozesse an Ägyptischer Plastik zu illustrieren. Und es kommt noch hinzu, dass der verwendete Stein, ein Kalkstein mit Einschlüssen von Fossilien, der Ausgangspunkt für mehrere Forschungsfragen ist, die es nun zu klären gilt.
„Die Auflösung des Rätsels um diesen roh behauenen Stein des Akademischen Kunstmuseums“, so Dr. Nele Schröder-Griebel, „zeigt, wie wichtig die Archivbestände für die Museumsarbeit sind.“ Das Akademische Kunstmuseum gehört hier zu den Glücklichen: Trotz der Zerstörungen im 20. Jahrhundert sind die Archivalien hier vollständig erhalten, von 1818 bis heute.
Kontakt:
Dr. Nele Schröder-Griebel, Kustodin
Akademisches Kunstmuseum der Universität Bonn
E_Mail: akmuseum@uni-bonn.de
Dr. Andreas Dorn, Kurator
Ägyptisches Museum der Universität Bonn
E-Mail: adorn@uni-bonn.de