Bei komplexen Nervenerkrankungen wie Multiple Sklerose, Schlaganfällen oder Rückenmarkverletzungen kann eine Behandlung mit Stammzellen die letzte Hoffnung auf Heilung sein: Stammzellen sind in der Lage, beschädigte Zellen zu ersetzen oder die Immunantworten des Wirtes deutlich abzuschwächen – auch im zentralen Nervensystem. Erfolgreiche klinische Studien gibt es hierzu bisher nicht, denn die Stammzelltherapie stellt Forscher vor einige Hindernisse: Der Einsatz embryonaler Stammzellen ist ethisch problematisch; adulte Stammzellen lassen sich nur mühsam in einer für die Therapie ausreichenden Menge gewinnen. Einen Lichtblick gab die mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Erfindung der Reprogrammierung gewöhnlicher Körperzellen zu Stammzellen – dieser Ansatz war bisher allerdings mit einem hohen Krebsrisiko verbunden.
Wissenschaftler der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn haben diesen Ansatz modifiziert und sicherer gemacht. Nun hat PROvendis einen Vertrag für eine nicht-exklusive Lizenz zwischen der Hochschule und Cambridge Innovation Technologies Consulting (CITC) vermittelt: Das Unternehmen will das verbesserte Verfahren zur Gewinnung neuraler Stammzellen für die klinische Erforschung und Anwendung nutzen.
Die Erfindung, mittels gentechnischer Veränderungen gewöhnliche Körperzellen in so genannte induzierte pluripotente Stamm- (iPS) Zellen umzuwandeln, hat ganz neue Perspektiven für die Stammzelltherapie eröffnet: Diese Zellen ähneln natürlichen Stammzellen und können anschließend in unterschiedliche Gewebezellen, z.B. Blut-, Leber- oder Nervenzellen, umgewandelt werden. Shinya Yamanaka und John Gurdon haben für diese ethisch unbedenkliche Möglichkeit der Stammzellgewinnung 2012 den Nobelpreis für Physiologie und Medizin erhalten. Der Durchbruch für die Therapie blieb aber bislang aus, denn der Ansatz birgt das Risiko, dass sich die induzierten pluripotenten Stammzellen unkontrolliert vermehren und zu Tumorzellen fehlentwickeln.
Wissenschaftler der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn haben die Methode der Nobelpreisträger so verändert, dass weiterhin große Zellmengen gewonnen werden können, die Entwicklung von Tumorzellen aus den induzierten Stammzellen aber verhindert wird. Anders als in Yamanakas und Gurdons Ansatz überspringen die Zellen hier das Stadium der Pluripotenz. Die Körperzellen werden direkt zu neuralen Stammzellen reprogrammiert (iNS-Zellen). Sie werden nur vorübergehend gentechnisch verändert, sodass die Zellkultivierung und die korrekte Differenzierung wesentlich kontrollierter verlaufen.
Pressemitteilung der PROvendis GmbH:
https://provendis.info/metamenu/presse/presse/artikelansicht/fortschritt-fuer-translationale-medizin-personalisierte-stammzelltherapien-bei-erkrankung-der-nerve/