Mit ihren Flossen ruderten die Plesiosaurier nicht kräftezehrend gegen das zähe Wasser an, sondern glitten elegant wie mit Flügeln dahin. Der kleine Kopf saß auf einem langen, strömungsgünstigen Hals. In dem gedrungenen Körper sorgten starke Muskeln für ausdauernde Bewegungen. Dagegen war im Vergleich zu anderen Unterwasserechsen der Schwanz recht kurz, weil sie ihn kaum für den Vortrieb brauchten. „Dieses evolutive Design war sehr erfolgreich, trotzdem entstand es nach dem Aussterben der Plesiosaurier aber nicht wieder neu“, sagt der Paläontologe Prof. Dr. Martin Sander vom Steinmann-Institut der Universität Bonn.
Die längst verschwundenen Paddelechsen hätten es hinsichtlich ihrer Fortbewegung vermutlich leicht mit heute noch lebenden Wassertieren aufnehmen können. Während zum Beispiel Meeresschildkröten hauptsächlich ihre kräftigeren vorderen Extremitäten für den Vortrieb nutzen, setzten die Plesiosauriern alle ihre vier Paddel gleichzeitig ein und sorgten somit für einen wirkungsvollen Schub. Über einen Panzer wie die Schildkröten verfügten die Urtiere, die von Fischen lebten, aber nicht. Zahlreiche Fossilien zeugen von der weltweiten Verbreitung der Plesiosaurier im Erdzeitalter des Juras und der Kreide.
Ein Privatsammler entdeckte das Fossil in einem Steinbruch
Ein ganz besonderes Exemplar entdeckte der Privatsammler Michael Mertens im Jahr 2013 bei Arbeiten in einer Tongrube in Westfalen und rettete es vor dem Bagger. Die anschließende Einschätzung durch das LWL-Museum für Naturkunde in Münster ergab, dass es sich um eine Unterwasserechse aus der noch älteren Trias handeln könnte. Diese Nachricht erreichte den Saurierforscher Prof. Sander von der Universität Bonn bei einem Forschungsaufenthalt in Los Angeles. „Ich hielt das zunächst für unwahrscheinlich, da seit rund 300 Jahren Plesiosaurier wissenschaftlich beschrieben werden, aber noch kein einziges Exemplar aus der Trias dabei war“, berichtet Sander. Erst durch die sehr gute Zusammenarbeit zwischen Privatsammler, Bodendenkmalpflege, Museum und Wissenschaftlern habe dieser herausragende Fund beschrieben, eingeordnet und publiziert werden können, so der Paläontologe. Die genaue Untersuchung durch die Doktorandin Tanja Wintrich vom Steinmann-Institut der Universität Bonn ergab tatsächlich, dass es sich um den mit rund 201 Millionen Jahren bislang ältesten Plesiosaurier und den einzigen aus den geologischen Schichten der Trias-Zeit handelt.
Das Fossil bringt es auf eine Körperlänge von 237 Zentimeter. „Es ist ein vergleichsweise kleineres Exemplar“, sagt Wintrich. Die Wissenschaftler tauften das besondere Fossil auf den Namen „Rhaeticosaurus mertensi“: Während der erste Begriff dem Rhät als jüngste Abteilung der Trias geschuldet ist, weist der zweite Namensbestandteil auf den Entdecker hin. Eine Knochenprobe von diesem Fossil untersuchten die Wissenschaftler der Universität Bonn mit ihren Kollegen vom Naturgeschichtlichen Museum in Osaka, von den Universitäten Osaka und Tokyo sowie vom Naturhistorischen Museum in Paris. Im Computertomografen „durchleuchteten“ sie zunächst die Probe und fertigten von besonders interessanten Abschnitten Dünnschliffe für die Mikroskopie an.
Wissenschaftler untersuchten die Wachstumslinien im Knochen
Anhand der Wachstumslinien des Knochens erkannten die Forscher, dass es sich um ein schnellwachsendes Jungtier gehandelt haben muss. Sie verglichen die Befunde mit Dünnschliffen anderer junger Plesiosaurier aus Jura und Kreide. „Bis zur Geschlechtsreife wuchsen die Plesiosaurier offenbar sehr schnell“, fasst Sander das Ergebnis zusammen. Der Paläontologe wertet dies als einen deutlichen Hinweis auf Warmblütigkeit. Die Plesiosaurier waren damals überall im Meer verbreitet. „Da sie selbst in kältere Zonen vordrangen, mussten sie ihre Körpertemperatur konstant halten können“, sagt der Paläontologe. Wegen ihrer Warmblütigkeit und ihrer effizienten Fortbewegung seien sie extrem erfolgreich und weit verbreitet gewesen - bis sie zusammen mit den Dinosauriern von der Erdoberfläche verschwanden. Sander: „Wahrscheinlich führten ein Meteoriteneinschlag und Vulkanausbrüche zu einem globalen Ökosystemkollaps.“
Publikation: Tanja Wintrich, Shoji Hayashi, Alexandra Houssaye, Yasuhisa Nakajima, P. Martin Sander: A Triassic plesiosaurian skeleton and bone histology inform on evolution of a unique body plan, Science Advances, DOI: 10.1126/sciadv.1701144
Kontakt für die Medien:
Prof. Dr. Martin Sander
Steinmann-Institut für Geologie, Mineralogie und Paläontologie
Universität Bonn
Tel. 0228/733105
E-Mail: martin.sander@uni-bonn.de
Tanja Wintrich
Steinmann-Institut für Geologie, Mineralogie und Paläontologie
Universität Bonn
Tel. 0228/7360055
E-Mail: tanja.wintrich@uni-bonn.de