Das Projekt „Aufmerksamkeitsstrategien des Videoaktivismus im Social Web“ geht von der Beobachtung aus, dass zivilgesellschaftliche Akteure wachsende Probleme haben, ihre Anliegen zu vermitteln, zum Beispiel wenn es um Positionen gegen Kriege, für Menschenrechte oder Umweltschutz geht. Zum einen konkurrieren diese Videos innerhalb der algorithmisch regulierten Aufmerksamkeitsökonomie zunehmend mit der Öffentlichkeitsarbeit von Parteien und kapitalstarken Unternehmen oder sogar mit Hetzbotschaften und populistischer Propaganda. Zum anderen wächst aufgrund der schieren Menge zirkulierender Webvideos die Gefahr einer Übersättigung und Mitleidsermüdung.
„Wollen zivilgesellschaftliche Akteure eine größere Öffentlichkeit erreichen, sind sie daher gezwungen, innovative Strategien der Gestaltung, Produktion und Verbreitung von Videos zu entwickeln“, sagt die Film- und Medienwissenschaftlerin Prof. Dr. Britta Hartmann von der Universität Bonn. Zusammen mit Prof. Dr. Jens Eder von der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf und Dr. Chris Tedjasukmana von der Freien Universität Berlin leitet sie das Projekt. Manche dieser Strategien können zu einem Dilemma etwa zwischen ethischen Ansprüchen, der erhofften aufsehenerregenden Wirkung der Videos und der Teilhabe möglichst vieler Menschen an den öffentlichen Aktionen und Diskursen führen.
Nichtregierungsorganisationen nehmen beispielsweise die Dienste der Werbeindustrie in Anspruch, Kunst-Aktivisten erschaffen besonders originelle Videos und die neuen Hashtag-Aktivismen wie etwa „Black Lives Matter“ setzen auf Affektkaskaden, um die Öffentlichkeit für das Problem rassistischer Polizeigewalt gegenüber Afroamerikanern und anderen „People of Color“ zu sensibilisieren und eine breite Protestbewegung zu formieren.
Das Projekt untersucht, wie Videoaktivisten auf die Herausforderungen in den sozialen Medien antworten und um Aufmerksamkeit und Einfluss ringen. Dabei nimmt es sowohl längerfristige Strategien als auch spontane Taktiken in den Blick, eine möglichst große politische Aufmerksamkeit zu erzielen. Im Mittelpunkt stehen Kampagnen- und Mobilisierungsvideos, die unabhängig von staatlichen, militärischen und wirtschaftlichen Auftraggebern produziert und verbreitet werden. Die Forschung baut auf Ergebnissen des Vorgängerprojekts „Bewegungsbilder 2.0. Videoaktivismus zwischen Social Media und Social Movements“ auf.
Informationen: http://videoactivism.net/de
Kontakt für die Medien:
Prof. Dr. Britta Hartmann
Filmwissenschaft/Audiovisuelle Medienkulturen
Universität Bonn
Tel. 0228/735635
E-Mail: britta.hartmann@uni-bonn.de