Und der es nun zum Quartal der Zahlen im Jubiläumsjahr 2018 vor allem auf eine von ihnen abgesehen hatte – die Null. Sozusagen als Symbol einer tiefenentspannenden „Tabula rasa“ in einer hektischen, auf permanenten Informationsfluss und die Rund-um-die-Uhr-Mitgliedschaft in diversen sozialen Netzwerken ausgerichteten Zeit. Sebastian Pufpaff weiß ein probates Mittel dagegen. Nein, nicht alle Smartphones in einem Raum versammeln und den in die Luft jagen, weil es die Familientradition nun mal so will. Oder weil dieser Abend in seiner ehemaligen Alma mater unter dem Motto „Kabarett und Anarchie“ steht. Nein, Pufpaff geht in den folgenden 90 Minuten direkt zurück „Auf Anfang“. Mit dem gleichnamigen Bühnenprogramm tourt der Prix-Pantheon-Preisträger 2010 derzeit auf deutschen Bühnen und hat sich überdies mit seinem regelmäßigen TV-Format „Pufpaffs Happy Hour“ auf 3sat einen Namen gemacht, den zu behalten wahrlich nicht schwer fallen dürfte.
In Wahrheit, sagt er, ist jedes handelsübliche Smartphone uns Menschen gegenüber klar im Vorteil. Weil es eine Funktion besitzt, die in Zeiten überbordenden Datenmülls wertvoller erscheint denn je: auf Werkseinstellung zurücksetzen! Sich einfach mal „nullen“ oder auch einfach nur „blitzdingsen“, so wie mit der Maschine aus der Science-Fiction-Komödie „Men in Black“. Einfach mal das Hirn ausmisten, fröhlich-jungfräulich in die Welt hinaus schauen. So zu sein wie man ist, und nicht wie man glaubt, dass andere einen gern hätten. Stattdessen taucht der Mensch hinter seinem Gerät ab, sieht seinesgleichen unterwegs kaum mehr ins Gesicht oder bleibt am liebsten gleich ganz daheim. „Wir kapieren den anderen doch gar nicht. Wir individualisieren uns immer weiter voneinander weg. Wo soll das hinführen?“, fragt Pufpaff.
Das hat weitere Dimensionen, als es anfangs vielleicht scheinen mag – es geht ihm ums Politische im Privaten. Und diese Form des Kabaretts kommt denn auch spielend ohne die Namen der Kanzlerin oder ihres Kontrahenten in München aus. Zur Realitätsnähe der gegenwärtigen Rentendiskussion und zu den Aufmärschen in Chemnitz hat Pufpaff allerdings auch vor seinem Auditorium im Hörsaal unmissverständlich Stellung bezogen. Weil es ihn erschreckt, wie leicht es mitunter ist, die öffentliche Meinung zu manipulieren. Weil der Tourismus von Rechtsradikalen in die drittgrößte Stadt Sachsens mit einem Ausländeranteil von gerade mal 8,09 Prozent kein ost-, sondern vielmehr ein gesamtdeutsches Problem ist. Und weil bei einem Renteneintrittsalter von 78 nach einem jahrzehntelangen Berufsleben erbärmlich wenig Zeit bleibt: „Rente ist wie Religion. Man muss dran glauben.“
Gedanken macht sich der zweifache Familienvater allerdings auch über die Art und Weise, wie Kinder und Jugendliche mit Erwartungen überfrachtet und „zu braven Soldaten des kapitalistischen Systems“ herangezogen würden. „Für jeden Lurch geht unsereins auf die Straße. Bei den Kindern zucken wir die Schultern und sagen: Wir hatten es ja auch nicht leicht.“ Das Ergebnis: „Alle sind unzufrieden. Und das in einem der reichsten und sichersten Länder auf dieser Welt.“
Wer was auf sich hält, spricht vom Burnout als Statussymbol und nicht als einer im Grund ganz logischen Entwicklung auf der Jagd nach der „Möhre Geld“. Wer zwischendurch aber mal eine Pause einlegt, um einfach mal darüber nachzudenken, was er denn eigentlich selbst tun und denken möchte, der kommt der Werkseinstellung schon einen vielversprechenden Schritt näher. Pufpaffs Empfehlung zum Schluss des Abends. „Langweilen Sie sich. Das ist wichtig. Erst dann wird da oben bei ihnen etwas neu verschaltet, dann werden Sie wirklich kreativ. Setzen Sie sich vor die Raufasertapete und zählen die Knüddelchen. Denn das Beste von allem ist: Um sich zu nullen, brauchen Sie gar kein technisches Gerät. Nur sich selbst. Jeden Morgen auf ein Neues.“
Das Politische im Privaten Das Politische im Privaten
Ob der außergewöhnliche Familienname tatsächlich auf hanseatische Schwarzpulverhändler zurückzuführen ist? Darüber konnte Prorektor Professor Dr. Klaus Sandmann bei seiner launigen Einführung zum Kabarett-Gastspiel von Sebastian Pufpaff am Mittwochabend im voll besetzten Hörsaal I allenfalls spekulieren. Das wird der Kabarettist selbst am besten wissen. Aktenkundig ist dieser allerdings als Alumnus der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität, der dort im Jahr 2008 sein Studium der Politikwissenschaft, der Soziologie und des Staats- und Verfassungsrechtes als Magister artium abgeschlossen hat.
Sebastian Pufpaff
- warb zum Quartal der Zahlen ...
© Foto: Volker Lannert/Uni Bonn
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