Die Auszeichnung in der Kategorie „Experimentelle Arbeiten“ ging an Dr. Heike Singer vom Institut für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin der Universitätsmedizin Bonn. Das Team um Singer hat im jetzt prämierten Projekt grundlegende Fragen zum Verständnis von Immunogenitäts-Effekten bei schweren Hämophilie A-Patienten erforscht. Ein Therapieansatz bei schwerer Hämophilie A (HA) setzt auf die Substitution des Blutgerinnungsfaktors VIII mit einem rekombinanten Faktor VIII. Rund 20 bis 30 Prozent der Patienten bilden inhibitorische Antikörper gegen den substitutierten Faktor – ein unerwünschter Effekt, der Therapieplan und -erfolg gefährdet.
Dieses Inhibitor-Risiko ist bei HA-Patienten erhöht, die sog. Nonsense-Mutationen („verfrühtes Stop-Codon“) in Bereichen des F8-Gen tragen, die für bestimmte Abschnitte des FVIII-Proteins kodieren. Im Fokus des jetzt in der Kategorie „Experimentelle Arbeiten“ ausgezeichneten Projektes standen Untersuchungen, ob bestimmte Stop-Mutationen in der Lage sind, endogen Faktor VIII zu synthetisieren und diesen dann extrazellulär dem Immunsystem zu präsentieren. „Dies könnte erklären, warum einige Nonsense-Mutationen eine periphere Toleranz auslösen und andere eher immunogen auf den rekombinanten FVIII wirken“, erklärt Preisträgerin Dr. Heike Singer. Interessant sind Singers Ergebnisse mit Blick auf neue adaptive Immunotherapien mit regulatorischen T-Zellen, die eine Alternative zur bisher häufig eingesetzten Immuntoleranz-Induktion (ITI) liefern könnten. „Wir hoffen, dass unsere Grundlagenforschung über periphere Toleranz zukünftig bei der Entwicklung personalisierter Immunotherapien helfen kann“, erklärt die Preisträgerin. Mit Blick auf ihre weitere Forschung ergänzt Singer: „Das Preisgeld ermöglicht es uns, weiterführende komplexe Untersuchungen auf dem Gebiet der Immuntoleranz durchzuführen.“
Der Preis wird vom Günter Landbeck Stipendium verliehen und von der Shire Deutschland GmbH finanziell unterstützt. „Mit ihren Forschungen treiben die Gewinnerinnen des Awards neue Entwicklungen in Diagnostik und Therapie von Blutgerinnungsstörungen voran, die mittelfristig die Versorgungs- und Lebensqualität von Patienten mit Blutgerinnungsstörungen verbessern können“, sagt Dr. Christian Piehl von Shire Deutschland anlässlich der Preisverleihung.
Über Professor Günter Landbeck (1925-1992)
Günter Landbeck war Direktor der Abteilung für Blutgerinnungsforschung und Onkologie der Kinderklinik des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Als Vorstandsmitglied prägte Günter Landbeck von 1966 bis 1984 die Arbeit der Deutschen Hämophiliegesellschaft und begründete 1970 das „Ärztliche Hämophilie Symposion“, das sich zu einem großen europäischen Wissenschaftsforum entwickelt hat. Der nach ihm benannte Award wird 2018 zum siebten Mal verliehen.