08. November 2019

„Hilfe, mein Kind isst kein Gemüse!“ „Hilfe, mein Kind isst kein Gemüse!“

Doktorandin der Uni Bonn untersucht neue Wege der Ernährungskommunikation: essen, wie es wirklich gut tut

Besonders Eltern sorgen sich um eine ausgewogene Ernährung ihrer Sprösslinge. Das Ringen um dieses hehre Ziel kann zum Kampf werden, bei dem auch die Eltern-Kind-Beziehung Schaden nimmt. „Menschen brauchen keine Belehrung, sie brauchen Unterstützung, den Ernährungsalltag zu bewältigen. Dazu gehört auch ein gesundes Ernährungsumfeld“, davon ist Dr. Gesa Maschkowski überzeugt. Die Ökotrophologin promovierte am Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn. Sie plädiert für einen Wandel in der Ernährungskommunikation. Nicht die Nährstoffe sollten im Fokus stehen, sondern die Menschen, ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten.

Ernährungskommunikation:
Ernährungskommunikation: - Darüber promovierte Dr. Gesa Maschkowski an der Universität Bonn. © oekom
Alle Bilder in Originalgröße herunterladen Der Abdruck im Zusammenhang mit der Nachricht ist kostenlos, dabei ist der angegebene Bildautor zu nennen.

Dr. Gesa Maschkowski analysierte Ernährungsfragen, die Eltern im Internet stellten. „Die Einträge zeugten von einer großen Verunsicherung, wenn es um die `richtige´ Ernährung der Kinder geht“, sagt die Wissenschaftlerin. „Im Extremfall nehmen manche Erziehungsberechtigten eher in Kauf, dass ihr Kind hungert, als dass es die `falschen´ Speisen zu sich nimmt.“ Nach ihren Erkenntnissen brauchen Eltern Unterstützung, um in Ernährungsfragen Stress abzubauen und eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen. Vielen Eltern wäre schon geholfen, wenn sie wüssten, in welchem Maß Auseinandersetzungen „normal“ sind.

Gut ein Fünftel der Eltern in dem Onlineforum berichtete, dass ihr Kind bestimmte Lebensmittel ablehnt. „Auch das ist in einem gewissen Maß normal“, sagt Maschkowski. Kinder brauchen bis zu zehn Lebensmittelkontakte, bis sie sich an einen neuen Geschmack gewöhnen – wenn überhaupt. Wichtig sei auch, mehr Selbstvertrauen zu entwickeln und dem eigenen Kind mehr zuzutrauen, „nach dem Motto: Ich bestimme, was es gibt, und du bestimmst, wie viel du isst“.

Es geht der Wissenschaftlerin auch darum, den Blick zu weiten. „Was kann ein Kind dafür, wenn das Informations- und Produktangebot es schwer macht, eine gesunde Wahl zu treffen?“ In ihrer Studie zu hochverarbeiteten Frühstückscerealien stellte Maschkowski fest, dass nur ein Bruchteil der Produkte empfehlenswert ist. Besonders schlecht schneiden Kinderprodukte ab. „Es gibt zwar auch einige wenige gesunde Produkte“, sagt sie. „Man kann sie aber nicht erkennen, denn Gesundheitswerbung findet sich auf vielen Lebensmitteln, auch auf solchen mit niedrigem Gesundheitswert.“

„Der ganze Druck hinsichtlich einer gesundheitsorientierten Ernährung lastet derzeit auf den Eltern“, fasst Maschkowski ihre Ergebnisse zusammen. Die Autorin plädiert für einen grundlegenden Haltungswechsel: Eine gesundheitsorientierte Ernährungskommunikation müsse über den Tellerrand der Nährstoffempfehlungen hinausblicken: „An die Stelle von Besserwissertum sollte Einfühlung treten und ein gemeinsames Erkunden der besten Lösungen.“ Dabei müsse auch das Umfeld einbezogen werden: Was brauchen Eltern, um die Herausforderung zu bewältigen? Welche Ernährung erhält langfristig unsere Gesundheit und auch die natürlichen Lebensgrundlagen?

Solange dieser Wandel in der Ernährungskommunikation noch nicht stattgefunden hat, bleibe Eltern die Möglichkeit, sich mit anderen Familien auszutauschen, so die Wissenschaftlerin. Wie kann der Essalltag gelingen, trotz der täglichen Herausforderungen? Aber auch die Politik stehe in der Verantwortung: Kinderlebensmittel dürften nicht ungesünder sein, als Lebensmittel für Erwachsene. Maschkowski: „Produkte mit einem niedrigen Gesundheitswert sollten keine Gesundheitswerbung tragen dürfen.“

Publikation: Gesa Maschkowski: Ernährungskommunikation – alltagstauglich, salutogen und transformativ. Drei Fallstudien zu Ernährungspraxis und -umfeld von Familien, Hochschulschriften zur Nachhaltigkeit, Oekom-Verlag, 330 Seiten, 29,- Euro, Informationen:
www.oekom.de/buch/ernaehrungskommunikation-alltagstauglich-salutogen-und-transformativ-9783962381677

Promotionsvortrag: https://www.youtube.com/watch?v=4cCh5hxCFOY

"Ernährungskommunikation -
"Ernährungskommunikation - - alltagstauglich, salutogen und transformativ. Drei Fallstudien zu Ernährungspraxis und -umfeld von Familien" lautet die Dissertation von Dr. Gesa Maschkowski an der Universität Bonn. © oekom
Dr. Gesa Maschkowski
Dr. Gesa Maschkowski - promovierte am Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn. © Foto: Privat
Wird geladen