Herr Gottschalk, Anfang Januar berichten wir über das „Go-live“ der neuen SAP-Software. Auf dem Foto dazu sitzen Sie vor einem Rechner im Haushaltsdezernat. Alle schauen gebannt auf den Bildschirm. Was ist Ihnen damals durch den Kopf gegangen?
Holger Gottschalk: Ich war einigermaßen erleichtert, dass es uns gelungen war, die neue Software zum 1. Januar ans Laufen zu bringen. Ich hatte in den Monaten davor erlebt, wie alle Projektbeteiligten dafür gekämpft haben, dass der ‚Go-live‘ gelingt. Dass das tatsächlich geklappt hat, war alles andere als selbstverständlich und ist eine große Teamleistung, bei allen Schwierigkeiten, die noch immer zu bewältigen sind. Man hört ja auch von anderen Universitäten und von großen Wirtschaftsunternehmen, die Riesenprobleme mit der SAP-Einführung hatten oder daran sogar gescheitert sind.
Hätte man den Termin nicht verschieben können, um Zeit zu gewinnen?
Nein, das hätte nur ganz andere Probleme ausgelöst. Der „Point of no return“ war im Herbst längst überschritten. Es geht ja nicht nur darum, eine neue Software aufzuspielen. Wir stehen vor einer grundlegenden Systemänderung. Die Universität Bonn verabschiedet sich nach 200 Jahren von der alten Kameralistik und wechselt in die kaufmännische Buchführung. Das ist vergleichbar der Einführung des Rechtsverkehrs in einem Land, das bislang Linksverkehr hatte. Das macht man nicht mal eben so, aber man muss irgendwann einen verbindlichen Termin festlegen, zu dem es passiert. Der Start zum 1. Januar war der spätestmögliche Zeitpunkt, um die gesetzliche Vorgabe zur Einführung der kaufmännischen Buchführung zu erfüllen.
Nach der Einführung der Software gab es erst einmal viele Beschwerden. Haben Sie das mitbekommen?
Oh ja, ich tausche mich regelmäßig mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und dem WARP-Team aus, und viele Betroffene haben sich auch direkt an mich gewandt. Sie waren nicht sparsam mit ihrer Kritik. Ich bedauere auch sehr die Unannehmlichkeiten, die das für die betroffenen Universitätsangehörigen ausgelöst hat. Sie sind ja diejenigen, die den Unmut der externen Zahlungspartner als erste zu spüren bekommen.
Was genau wurde moniert?
Insbesondere beim Zahlungsverkehr mit Lieferanten und Dienstleistern, aber auch bei der Bezahlung der Lehrbeauftragten klemmte es im ersten Quartal sehr. Wir hatten zwar damit gerechnet, dass der Anfang mühsam würde, aber dass es zu größeren Zahlungsrückständen kommen würde, war nicht abzusehen. Personelle Ausfälle haben die Situation dann zusätzlich verschärft. So kommt es, dass einige Rechnungen zwei Monate nicht bezahlt wurden. Das tut mir weh! Bislang war die Universität Bonn immer ein zuverlässiger Zahlungspartner, und das soll sie auch sehr bald wieder werden. Daran arbeiten wir mit Hochdruck.
Wie ist die aktuelle Lage?
Für Lehraufträge läuft inzwischen die Systemschnittstelle, so dass die Auszahlungen wieder zeitnah erfolgen. Verzögerungen gibt es immer noch bei der Bearbeitung von Reisekostenanträgen auch die Bearbeitung von Personalanträgen ist verlangsamt, weil hier die Software noch nicht im Regelbetrieb läuft. Die dadurch erforderlichen „workarounds“ erzeugen einen erheblichen Mehraufwand und sind die Ursache für Verzögerungen. Da sich die Lage hier täglich ändert, informieren wir fortlaufend auf der WARP -Intranetseite über den letzten Stand.
Was tut die Universität, um des Problems Herr zu werden?
Nachdem wir erkannt haben, wo der Flaschenhals bei der Rechnungsbearbeitung liegt, haben wir umgehend Gegenmaßnahmen auf den Weg gebracht. Das drängendste Problem war dabei die zu dünne, durch Ausfälle zusätzlich geschwächte Personaldecke. Ich bin den Dezernaten sehr dankbar, die zeitweise Personal zur Unterstützung der überlasteten Abteilungen zur Verfügung gestellt haben. Zusätzlich haben wir – ein Novum in der Universitätsverwaltung – uns um zusätzliche Manpower in Form von Zeitarbeitskräften bemüht. Da dies ein mitbestimmungspflichtiger Sachverhalt ist, sind wir auf den guten Willen der Personalvertretenden angewiesen. Ich bin froh, dass diese mit uns an einem Strang gezogen haben, so dass die Verstärkung jetzt nach und nach greifen kann.
Wie geht es nun weiter?
Ich hoffe sehr, dass sich die Lage an allen „Fronten“ in den kommenden Wochen spürbar entspannen wird. Viele Herausforderungen bleiben. Die neue SAP-Software ist per se gewöhnungsbedürftig und erfordert darüber hinaus auch Übung. Es kann etwas dauern, bis man mit allen Prozessen und Anwendungen vertraut ist. Ich kann nur alle Universitätsangehörigen um Verständnis bitten, und darum, uns weiter nach Kräften zu unterstützen. Meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danke ich für ihren Einsatz und bitte sie, in ihrem großen Engagement für die Universität nicht nachzulassen. Gemeinsam werden wir unser Ressourcenmanagement auf neue Beine stellen. Dazu werden auch die weiteren Schulungen beitragen, die derzeit in Vorbereitung sind.
Wir danken Ihnen für dieses Gespräch!
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