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Gerade noch flimmerte Bild-Kritiker Stefan Niggemeier über die Wand des Hörsaals XVII. Niggemeier ist Medienjournalist, betreibt den „Übermedien“-Watchblog über Missstände in Me-dien. Wenig später begrüßt Hayali dann Paul Ronzheimer, den stellvertretenden Bild-Chefredakteur. Er war vor kurzem noch in Afghanistan, berichtet über den Umgang mit Erlebnissen im Krisengebiet und über Pressefreiheit. Im Seminar pariert er Vorwürfe, diskutiert offen mit den Seminar-Teilnehmenden.
Es sind vertrauliche Diskussionen mit bekannten Journalist:innen aller Couleur, die im Blockseminar möglich werden. Es geht unter anderem um Berufsethos, Verhaltensregeln, den Umgang mit Quellen, den Unterschied von Meinung und Haltung. Vier Tage, je sechs Stunden: ein straffes Programm. „Es war ein ordentlicher Ritt“, stellt Hayali rückblickend fest.
Ihr Ziel: „Ich wollte meine individuelle Sicht über Medien und Medienkompetenz weitergeben. Deshalb habe ich über meine Erfahrung, Überzeugung und das Handwerk gesprochen“, erläutert Hayali, und dies im Dialog und mit Übungen. Unterstützt wird sie dabei von Bundespolitiker:innen und Medienmenschen wie Jochen Wegener (ZEIT-Online) und Katharina Hamberger vom Deutschlandradio, die zugeschaltet werden.
Engagierte Studierende
Von den Studierenden war Hayali begeistert. Im Vorfeld hatte sie befürchtet, in leere Augen eines stillen Publikums zu blicken. Doch weit gefehlt: „Ich habe sie als wahnsinnig aktiv erlebt“, schwärmt Hayali – und weiß auch warum: „Die müssen alle Bock, haben. Es sind noch Semesterferien. Und wer sich so ein Blockseminar antut, der muss ja aus voller Überzeugung hier sitzen – nicht nur, weil es die erste Präsenzveranstaltung seit eineinhalb Jahren ist, nicht nur, weil hier Dunja Hayali rumspringt. Ich glaube, dass der Inhalt ein großer Anreiz war.“ Sie ist zufrieden: „Ich habe mich auf das Experiment ein-gelassen, um es auszuprobieren. Ich fand es wirklich bereichernd.“
Eine Teilnehmerin ist Emely H. „Wir haben gelernt, was guten Journalismus ausmacht, was der Unter-schied zwischen Meinung und Haltung ist, wie das ZDF-Morgenmagazin funktioniert. Und wir haben Einblicke erhalten in die unterschiedlichen Felder des Journalismus.“ Für Politikwissenschafts-Studentin Lioba E. ist es eine willkommene Abwechslung: „Mir fehlten in meinem Studiengang Module, die auf praktischen Journalismus abzielen, und darum habe ich mich gefreut, dass es jetzt einmal in diese Richtung geht.“
Medienkompetenz stärken – Diskurse ermöglichen
Ein Schwerpunktthema lag auf der Vermittlung von Medienkompetenz – ein Kernanliegen von Hayali: „Ich habe schon lange die Überzeugung, dass wir mehr Medienkompetenz in der Bevölkerung brauchen – nicht erst seit dem Erstarken von Fake News.“ Medienkompetenz gehöre als Demokratieförderung in den Unterricht. „Es ist das A und O, um Nachrichten der Öffentlich-Rechtlichen, von privaten Anbietern, Youtuber:innen und Influencer:innen einzuordnen.“ Die Idee eines Medienkompetenzzentrums an der Universität sei daher lobenswert. „Ich freue mich drauf, dies mitzuerleben oder Teil dessen zu werden.“
Offen sein bei Diskussionen, ohne vorgefertigte Meinungen über Gesprächspartner:innen, diese auch zu Wort kommen lassen: Für Hayali ist das fundamental wichtig. Ansonsten sei man nicht bereit für andere Meinungen, so die 47-jährige Journalistin. „Wenn der Koffer gepackt ist, kann da nichts neues mehr rein – keine neue Idee, Ansatz oder Argument. Ich glaube nicht, dass Dis-kurs so funktioniert, vor allem nicht in einer Demokratie.“ Natürlich sei jeder mit Urteilen und Denkmustern behaftet. „Als Journalistin ist es meine Aufgabe, dies zu durchbrechen“, stellt sie fest.
„Haben Sie Spaß an der Arbeit“
Zum Schluss gab die Moderatorin den Teilnehmenden wertvolle Tipps über den Start in die Medienwelt mit. „Rechnen Sie damit, Kaffee zu kochen, Kopien und jeden Mist zu machen, oder fürs Radio an U-Bahn-Haltestellen dusselige Umfragen durchzuführen. Beißen Sie sich durch, haben Sie Geduld. Netzwerken Sie, mit Frauen, mit Männern, mit Menschen. Und wenn Türen sich öffnen, dann gehen Sie durch – insbesondere als Frau.“ Wichtig aber sei eines: „Haben sie Spaß an ihrer Arbeit. Wenn ihre Arbeit ihre Leidenschaft ist, dann ist das Gold wert.“