Hertz-Professuren
Herzstück des fakultätsübergreifenden Konzepts sind die nach dem Bonner Physiker Heinrich Hertz (1857-1894) benannten Hertz-Professuren. Sie werden mit renommierten Forschenden besetzt, die in ihrem jeweiligen Fachgebiet führend sind und das Profil der Transdisziplinären Forschungsbereiche schärfen. Die Professorinnen und Professoren erhalten 4,2 Millionen Euro für sieben Jahre und damit einen großen Gestaltungsspielraum, um neue Forschungsfelder zu etablieren, Disziplinen miteinander zu verbinden und wichtige Impulse zu setzen.
Interdisziplinäre Erforschung des Lebens – Ethikerin Christiane Woopen
Mit der Ethikerin Christiane Woopen ist nun die erste Hertz-Professur besetzt – angesiedelt im Transdisziplinären Forschungsbereich „Individuen, Institutionen und Gesellschaften“. In den Mittelpunkt ihrer Forschung, Lehre und Beratung wird Woopen das Leben stellen sowie die Bedingungen für seine Entfaltung und sein Gelingen. „Technologisierung, Ökonomisierung, Ökologisierung und Globalisierung setzen das individuelle und gesellschaftliche Leben unter großen Veränderungs- und Gestaltungsdruck“, sagt sie. Am neuen „Center for Life Ethics“ möchte sie diese vier Dynamiken und die damit zusammenhängenden ethischen Aspekte transdisziplinär erforschen.
Die Hertz-Professur ist dabei auf enge Kooperationen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus anderen Fachdisziplinen angelegt – darunter die Ökonomie, Ökologie, Medizin, Informations- und Kommunikationstechnologien, Kulturwissenschaften, Philosophie, Soziologie, Theologie und Recht. Die Ethik dient dabei als verbindende Querschnittsperspektive. Zusammen mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Stakeholdern möchten Woopen und ihre Forschungsgruppe zudem Lösungsperspektiven für aktuell drängende Herausforderungen entwickeln.
Schlegel-Professuren
Mit den Schlegel-Professuren, benannt nach dem Bonner Philologen August Wilhelm Schlegel (1767-1845), richtet die Universität Bonn ebenfalls hochkarätige Lehrstühle im Zuge der Exzellenzförderung ein. Die „Schlegel Chairs“ werden von den Fakultäten in Fächern besetzt, die zu den forschungsstarken Schwerpunkten oder den Entwicklungsbereichen gehören.
Welternährung und nachhaltige Landwirtschaft – Agrarökonom Matin Qaim
Mit Matin Qaim als Schlegel-Professor für Ökonomischen und Technologischen Wandel gewinnt die Landwirtschaftliche Fakultät einen weltweit anerkannten Agrarökonomen. Er wird gleichzeitig neuer Leiter des Zentrums für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn und tritt damit am 1. Oktober die Nachfolge von Prof. Dr. Joachim von Braun an.
Matin Qaims interdisziplinäre Arbeiten beschäftigen sich mit Fragen der Welternährung und der nachhaltigen Landwirtschaft vor dem Hintergrund knapper natürlicher Ressourcen. Unter anderem analysieren er und seine Forschungsgruppe Fragen der Armut und Ernährungsunsicherheit und die zugrunde liegenden sozioökonomischen Ursachen. Darüber hinaus bewertet Qaim die Auswirkungen der Agrarpolitik und anderer nationaler und internationaler Rahmenbedingungen auf Wohlstand und Verteilung. Er hat bereits Forschungsprojekte in vielen Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas durchgeführt und verfügt über ein weltweites Netzwerk von Kooperationspartnern. Mit seiner Forschung möchte er dazu beitragen, Wissen zu generieren, das für die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung nützlich ist.
„Bonn bietet ein hervorragendes Umfeld für globale Nachhaltigkeitsforschung und internationale Entwicklungspolitik“, sagt Qaim zur neuen Berufung. „Ich freue mich sehr darauf, zukünftig an der Exzellenzuniversität tätig zu sein.“ Die Berufung trägt auch zur Profilbildung im Transdisziplinären Forschungsbereich „Innovation und Technologie für eine nachhaltige Zukunft“ bei.
Komparative Theologie mit dem Schwerpunkt Islam – Theologe Klaus von Stosch
Eine weitere Schlegel-Professur besetzt Klaus von Stosch als weltweit anerkannter Experte in der komparativen Theologie mit dem Schwerpunkt Islam. Er gilt als eine der maßgeblichen Stimmen in der internationalen katholischen Systematischen Theologie. In globaler Perspektive spielen Religionen für die Bewältigung der großen sozialen, kulturellen, politischen und ökologischen Herausforderungen eine große Rolle. Als wissenschaftlicher „Brückenbauer“ bearbeitet Klaus von Stosch große ethische, gesellschaftliche und politische Fragen im interreligiösen und interkulturellen Gespräch.
Klaus von Stosch ist in der europäischen, angloamerikanischen und islamischen Welt bestens vernetzt. „Ich freue mich auf die neue Aufgabe in Bonn und möchte gern einen Beitrag dazu leisten, die Universität im Bereich der Theologie noch stärker mit internationaler Spitzenforschung zu vernetzen“, sagt von Stosch. „Gerade meine komparatistische Forschung im Gespräch der Religionen kann helfen, die gesellschaftliche Relevanz der Theologie sichtbarer zu machen.“ Die neue Professur steht in enger Verbindung zum Transdisziplinären Forschungsbereich „„Individuals and Societies“.
Argelander-Professuren
Das Ziel der Argelander-Professuren (benannt nach dem Bonner Astronomen Friedrich Wilhelm August Argelander, 1799–1875) ist es, das Forschungsprofil der Transdisziplinären Forschungsbereichen an den Schnittstellen zwischen Disziplinen systema-tisch auszubauen. Herausragende Nachwuchsforschende erhalten dadurch die Möglichkeit, ihre unabhängige akademische Karriere aufzubauen.
Zwischen Natur und Technik – Biophysikerin Alena Khmelinskaia und Biophysikochemikerin Patrycja Kielb
Künstlich geschaffene Bausteine mit natürlichen verbinden – das ist das Ziel von Alena Khmelinskaia und Patrycja Kielb, den beiden neuen Argelander-Professorinnen im Transdisziplinären Forschungsbereich „Matter“. Beide arbeiten an sogenannten Biohybriden und schlagen eine Brücke zwischen der Chemie, Physik und den Lebenswissenschaften. Ihre Arbeiten sind für die Entwicklung nachhaltiger Technologien moderner Gesellschaften relevant – zum Beispiel in der Medizin oder Energieforschung.
Alena Khmelinskaia beschäftigt sich im LIMES-Institut der Universität Bonn damit, wie sich Proteine selbst organisieren – ein allgegenwärtiges Phänomen in allen Bereichen des Lebens, auch bei Viren. Proteinbausteine sind so programmiert, dass sie durch das Zusammenwirken von Molekülen miteinander interagieren und viele verschiedene Architekturen annehmen, die von unzähligen Kristallen und Fäden bis hin zu dreidimensionalen Baugruppen reichen. Die physikalischen Wechselwirkungen, die der Selbstorganisation von Proteinen zugrunde liegen, möchte Alena Khmelinskaia mit ihrer Forschungsgruppe entschlüsseln. Dazu kombiniert sie moderne theoretische Berechnungsverfahren, Versuche im Reagenzglas und biophysikalische Methoden. Es entstehen neuartige Protein-Nanopartikel, die es in der Natur noch nicht gibt.
Patrycja Kielb, deren Professur am Institut für Physikalische und Theoretische Chemie des Fachbereichs Chemie angesiedelt ist, interessiert sich dafür, wie die Natur komplizierte Redoxprozesse ausführt – also chemische Reaktionen, bei denen Elektronen von einem Reaktionspartner auf einen anderen übertragen werden. Solche Transformationen sind für Schlüsselprozesse in Umwelt und Leben notwendig, zum Beispiel für den Biomasseabbau oder die Zellatmung, und können für nachhaltige und umweltfreundliche Zukunftstechnologien genutzt werden. Das Herzstück dieser Prozesse in der Natur sind sogenannte Metalloenzyme. Mit ihrer Forschungsgruppe möchte Kielb herausfinden, wie man die Effizienz von solchen natürlichen biologischen Systemen nutzen und weiterentwickeln kann, um künstliche biohybride Systeme für bioelektronische Geräte zu entwickeln.
Essentielle Spitzenpositionen - Rektor Hoch
„Für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Universität Bonn ist es essenziell, Spitzenpositionen in der Wissenschaft zu besetzen“, betont Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch. „Deshalb sind wir sehr glücklich, dass wir ganz herausragende, international anerkannte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für die ersten Exzellenzprofessuren nach Bonn an die Universität rekrutieren konnten. Sie werden über ihre Arbeitsgruppen hinaus einen wertvollen Beitrag leisten, unsere Fakultäten und Transdisziplinären Forschungsbereiche exzellent weiterzuentwickeln.“ - Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch