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Unscheinbare Bäche, die zu reißenden Strömen werden: Sie begleiten den Menschen seit jeher. Davon zeugen auch die vielen Hochwassermarken, die an fast jedem Ort mit einem Fluss zu finden sind. Sie sind ein guter Hinweis zu Hochwasserjahren. "Hochwassermarken sind natürlich ein Indiz", berichtet Roggenkamp. "Daran kann man ablesen, wie hoch der Maximal-Pegel war."
Doch für einen Vergleich taugen die Angaben an den Häuserwänden wenig: "In den Jahrhunderten hat sich die Topographie oft stark verändert. Flüsse wurden begradigt, vertieft oder schmaler gemacht, Brücken und Häuser gebaut. Auch das Straßenniveau verändert sich. Das alles beeinflusst den Raum und auch die Fließgeschwindigkeit", so Roggenkamp. Eine Rolle spielen auch die Vegetation, Fläche und das Gefälle des Wasserspiegels.
Scheitelabfluss hilft beim Vergleich von Hochwassern
Aussagekräftiger beim Vergleich von Hochwassern sei daher der Wert des Scheitelabflusses: Die Menge an Wasser, die zum Zeitpunkt des Höchstwasserstandes abfließt. Um diesen zu errechnen, braucht es Detektivarbeit: Roggenkamp besuchte Stadtarchive, analysierte historisches Kartenmaterial, begutachtete Fotos, um sie mit heutigen Aufnahmen vor Ort zu vergleichen. Und er zog alte Brücken- und Tunnelzeichnungen, die man für die Vermessung vorgenommen hatte, zur Rate. Daraus modelliert er Querprofile von Landschaften.
Erste Berechnungen zeigen, dass bei den Hochwassern in den Jahren 1804 und 2021 in der Spitze ähnlich viel Wasser abgeflossen ist. 1804 waren es etwa 1200 Kubikmeter pro Sekunde. Im Falle von 1910 gelang es sogar, die stündliche Entwicklung genau zu rekonstruieren. „Dass der Pegel jetzt deutlich höher lag, liegt daran, dass das Ahrtal dichter bebaut ist als damals. Das Wasser konnte nicht so schnell abfließen.“
Sintflutartige Regenfälle im Sommer auch 1804 und 1910
Alle drei Jahrhunderthochwasser fanden im Sommer statt. „Wir können historisch ähnliche Magnituden ent-decken. In Schriftquellen finden sich immer wieder nach langen Regen Sommerhochwasser im Juni und Juli“, so Roggenkamp. In Schriftquellen finden sich immer wieder nach langen Regen Sommerhochwasser im Juni und Juli", so Roggenkamp. Das aktuelle Hochwasser in seiner Größe an der Ahr ist nicht unbedingt eine Folge des Klimawandels. "Aus einem Hochwasser kann man keine zukünftigen Ereignisse vorhersagen." Dennoch seien die Prognosen der Klimatologie, die häufigerer ortsfeste Starkregenereignisse erwarten, schonschlüssig.
Den Rheinpegel ließ das Ahr-Hochwasser im Übrigen nur wenig steigen. Dennoch hat es auch der mächtige Strom Roggenkamp angetan: Nach der Ahr rekonstruiert er aktuell Abflusswerte von historischen Hochwassern entlang des Rheins - von der Römerzeit bis heute.