Neue Lenné-Mensa als Visual Story - Artikel Jetzt als Podcast anhören
Fast hundert Jahre lang versorgte das Studierendenwerk an der Nassestraße Bonner Studierende mit Mahlzeiten, Wohnraum und Beratung. Aktuell ist das Gelände eine Brache: Die teils 70 Jahre alten Bauten zwischen Kaiser- und Lennéstraße wurden abgerissen, zusammen mit dem unzeitgemäßen Konzept. Denn bislang galt: Waren früher die hungrigen Mägen der Studis gefüllt, schlug den vereinzelten Besuchern oftmals Öde in den Räumlichkeiten entgegen, mit riesigen, oft ungenutzten Sälen, weiten Wegen und engen Treppenhäusern. Mangelnde Barrierefreiheit war da nur ein weiteres Problem.
Damit soll nun Schluss sein, wie Robert Anders vom Studierendenwerk berichtet: „Der Neubau ist auf die Bedürfnisse der Studierenden zugeschnitten und deckt die Ansprüche der heutigen Generation ab.“
Moderne Raumaufteilung für Bonner Studis
Was er damit meint, offenbart sich rasch bei einem Blick auf die Planungen. Die räumen alte Gewohnheiten radikal ab. Dies beginnt schon beim Eingang: Studis mit knurrenden Mägen gehen bald statt zur Nassestraße zum neuen Entrée in der Lennéstraße. Dort empfängt sie ein Straßencafé, welches ganztägig offen ist und zu kurzen und langen Pausen einlädt. „Es ist ein Raum, der sich am Abend für Liveübertragungen von Sportveranstaltungen und Kultur-Events wie Lesungen oder kleine Konzerte anbietet“, so Anders. Schicht im Schacht ist spätestens 22 Uhr.
Dahinter öffnet sich der südliche Lounge-Bereich mit großer Terrasse und großem Garten. „Wir stellen uns die Lounge als Rückzugsraum und als kommunikativen Treffpunkt gleichermaßen vor – zum Lernen, für die Gruppenarbeit und zum Essen.“ Bedeutet im Kern: Die Einbauten und Rückzugsecken laden zur Gruppenarbeit ein. Anders als im Lesesaal der ULB ist Quatschen, Brainstormen und Essen genauso erlaubt wie gemütliches Entspannen. Bis 20 Uhr bleibt die Lounge geöffnet.
Grüne Freianlagen und vielfältige kulinarische Angebote
Dort, wo einst Parkplätze und Werkstatt waren, sprießt bald neues Grün: Im Campus-Garten mit rund 750 Quadratmetern Grünfläche kann man die Seele baumeln lassen, der Campus-Hof lädt vor allem im Sommer zum Essen im Grünen ein. „Wir bieten Vorlesungszwischenräume an“, stellt Anders fest.
Ein Hit: Gegenüber der ruhigeren Lounge reihen sich auf dem sogenannten „Marktplatz“ Stände mit verschiedenen kulinarischen Köstlichkeiten auf: Neben Pizza und Pasta gibt es vegane und vegetarische Angebote des beliebten Querbeets – früher in der dritten Etage - sowie eine Trendküche. „Damit gehen wir auf die veränderten Ernährungsgewohnheiten der Studierenden ein“, so Anders.
In den 60ern noch ging es bei der Mensa um Masse, dort wurden bis zu 6000 Studierende täglich mit einfachen Gerichten versorgt. Heute sei aber das gastronomische Gesamtangebot in der Stadt vielfältiger geworden – in den letzten Jahren pendelte die Zahl der täglichen Essensausgaben bei 2500 bis 3000. Bis zu 4000 Essen kann die neue Mensa täglich herausgeben, mit insgesamt 1080 Sitzplätzen.
Bewährtes Konzept im ersten Obergeschoss
Die „klassische“ Mensa mit ihren preisgünstigen Gerichten verbleibt im ersten Obergeschoss. Im großen Saal speist man mit sonnigem Südblick. Wer Kranenburger schätzt, muss nicht mehr bei den Mitarbeitenden fragen: Mehrere Trinkwasserbrunnen installiert das Studierendenwerk im Raum. Zudem steht mit dem „Lennésaal“, ein kleinerer, separater Raum für ruhigere Essenspausen bereit.
Multifunktionaler Festsaal ohne Essensausgabe
Der ehemalige Festsaal im zweiten Obergeschoss behält seine Bühne, verliert aber die Essenausgabe „Essen 2“. „Die Ausgabe mit Kassen war immer ein Störkörper im Saal“, so Anders. Natürlich kann er auch weiterhin für Veranstaltungen genutzt werden: Bis zu 500 Personen passen hinein. Und nach der dreistündigen Essenszeit kommt auch hier das Vorlesungszwischenraumkonzept zum Tragen: Der Saal ist für den ganztägigen Aufenthalt konzipiert und dient als Rückzugsraum zum Lernen, Treffen und Arbeiten. WLAN und ausreichend Steckdosen sollen überall vorhanden sein.
Studierenden-Servicezentrum, AStA und Wohnheim an neuem Ort
Beratung und Verwaltung mit rund 100 Mitarbeitenden kommen im Gebäudeteil an der Kaiserstraße unter. Im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss ist das Studierenden-Servicezentrum mit zahlreichen flexiblen Beratungsräumen-/inseln integriert. Der Warte- und Aufenthaltsbereich ist ansprechend mit Einbaumöbeln gestaltet.
Für den Neubau wurden die beiden Wohnheime an Kaiser- und Lennéstraße abgerissen. 106 Vollappartements entstehen dafür am ehemaligen Zugang zur Nassestraße, dem Gebäudeteil B, zusammen mit Räumlichkeiten für Konferenzen.
Auch der AStA wird zukünftig präsenter: Er erhält einen eigenen Gebäudeteil an der Nassestraße, mit Zugang zum Campus-Hof und der Lounge. Die beiden Altbauten werden denkmalgerecht saniert und bieten zudem Workshopräume an.
Unter dem Gebäudekomplex entsteht ein Tiefgeschoss für die Anlieferung und Entsorgung der Mensa sowie einer kompakten Tiefgarage. Großzügige Fahrradstellplätze sind am Gebäude geplant. Auch die Küche wandert ins Souterrain, die 50 Mensa-Mitarbeitenden erhalten einen eigenen Gartenbereich. Beim Abriss wurden ebenfalls die alten Bunkeranlagen entfernt.
So geht es weiter
Bis zum Baubeginn fehlen noch letzte Freigaben seitens der Stadt. Dann rollen die Bagger und schwingen die Bauarbeiter ihre Kellen. Läuft alles reibungslos, soll der Bau im Wintersemester 2024/2025 abgeschlossen sein – ziemlich genau hundert Jahre nach der ersten Mensa, dem Tillmanneum an der Lennéstraße 26, das 1924 erstmals Studierende mit deftigen Mahlzeiten versorgte.