Sie haben einen Master in Business Administration und haben für den Konzern Bayer gearbeitet, wie kam es zum Sinneswandel ein Theologiestudium aufzugreifen?
Während meines Managementstudiums in England und meiner ersten Arbeitsstelle bei Bayer in Kanada kam ich mit jungen Christen in Kontakt, die mich für die großen Fragen des Lebens sensibilisiert haben. Als ich mich in meiner Freizeit damit beschäftigte, brach langsam ein echtes Interesse für Theologie auf. Nach ein paar Jahren habe ich dann all meinen Mut zusammengenommen und meinen Manager-Job gekündigt, um meiner Faszination für Theologie nachzugehen.
Was ist für Sie das Besondere an der Theologie?
Mich fasziniert die Fächervielfalt. Jede Fächergruppe bietet ein breites Spektrum an spannenden Perspektiven für theologische Fragestellungen. Dabei arbeiten alle Fächergruppen interdisziplinär, so dass man automatisch für andere Fächer begeistert wird (zum Beispiel Archäologie, Philosophie, Psychologie, Soziologie). Ich kann mich nicht „satt-studieren“ an Theologie, weil mit den vielen Perspektiven auch immer neue fesselnde Themen in den Blick kommen. Das habe ich in BWL/Business Management anders empfunden.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, einen Forschungsaufenthalt an der Yale University zu machen?
Mir fielen einige Bücher von dem Theologen Miroslav Volf in die Hände, der seit über 20 Jahren an der Yale University lehrt. Ich fand spannend, wie er Theologie interdisziplinär konzipiert und dabei mit gesellschaftlichen Fragestellungen verknüpft. Mir wurde klar, dass ich von diesem Menschen sehr viel lernen kann und habe mich daraufhin für einen Forschungsaufenthalt beworben.
Welche interessanten Eindrücke oder Erfahrungen nehmen Sie aus Ihrem Forschungsaufenthalt mit?
Die Ivy-League-Unis (Yale, Harvard, Princeton etc.) kochen auch nur mit Wasser! Sie haben zwar überdurchschnittlich hohe Budgets zur Verfügung und sehr leistungsstarke Studierende, aber am Ende des Tages sind es auch „nur“ Bildungseinrichtungen, die nicht anders funktionieren als bei uns. Inspirierend war der Austausch mit anderen Studierenden bzw. Promovierenden, weil fast alle, die dort sind, eine große Begeisterung für ihr Fach mitbringen. Die Gastdozent:innen, die dort regelmäßig eingeladen werden, kommen oft aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft. Das sorgt dafür, dass die wissenschaftliche Forschung immer wieder an gesellschaftliche Fragestellungen zurückgebunden wird.
Worin unterscheiden sich die Bedingungen des Studierens und Forschens in den USA im Vergleich zu Deutschland?
Hinsichtlich der Ivy-League-Universitäten fällt sofort auf, dass diese hervorragend ausgestattet sind und über unvorstellbare Ressourcen verfügen. Das Stiftungsvermögen liegt nicht in Millionen-, sondern in Milliardenhöhe. Einerseits liegt das an großzügigen Sponsoren, die früher an diesen Universitäten studiert haben (in Yale zum Beispiel die ehemaligen US-Präsidenten wie George H.W. Bush, George W. Bush, Bill Clinton). Andererseits liegt es an den hohen Studiengebühren, die je nach Studiengang zwischen 30.000-70.000 US-Dollar liegen – pro Jahr! Das ist ein wesentlicher Unterschied zum Bildungsverständnis in Deutschland.
Würden Sie ein Studium oder einen Forschungsaufenthalt in den USA empfehlen?
Wenn man sich mit bestimmten Forschern austauschen möchte, dann kann das eine sehr sinnvolle Option sein. Allerdings sollte man den Bewerbungsaufwand und die Kosten nicht unterschätzen. Es gibt einen Spruch im Englischen: „The grass is always greener on the other side“, das heißt „auf der anderen Seite ist das Gras immer grüner“. Das sehe ich nicht so. Nach meiner Zeit in den USA sehe ich den Bildungsstandort Deutschland viel positiver: Allein die Tatsache, dass man mit ca. 300 Euro Semesterbeitrag jedes Fach studieren kann und damit verschiedenen sozialen Milieus ein Studium ermöglicht, sehe ich als kleines Wunder an.