06. Mai 2024

Holzproduktion oder Lebensraum? Holzproduktion oder Lebensraum? Schülerinnen begutachten Bäume im Kottenforst

Schülerinnen begutachten Bäume im Kottenforst

Ein Wald ist mehr als viele Bäume ­­– er ist die Schatzkammer der Natur! Welches Ökosystem und welche Artenvielfalt er beherbergt, wollten rund 75 Schülerinnen der Liebfrauenschule wissen: Sie ließen sich im Rahmen des EU-geförderten und von der Uni Bonn koordinierten Projekts MULTIPLIERS zu „Baumexpertinnen“ ausbilden. Dazu besuchten sie im Frühjahr das so genannte „Marteloskop“, eine Art Klassenzimmer mitten im Wald. 

Multipliers werden geschult: Die Schülerinnen des Liebfrauengymnasiums werden zur Multiplikatoren
Multipliers werden geschult: Die Schülerinnen des Liebfrauengymnasiums werden zur Multiplikatoren © Multipliers
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Das ein Hektar große Waldstück im Bonner Kottenforst dient als Übungsfläche für Themen wie „Naturschutz“ und „Biodiversität“, aber vor allem auch „Nachhaltige Waldnutzung“. Die Teilnehmenden treffen, unterstützt durch eine Software, forstliche Entscheidungen.

Ausgerüstet mit Tablets und Ferngläsern gingen die Schülerinnen auf Spurensuche. Sie lernten, wie man den ökonomischen und ökologischen Wert eines Baumes bestimmt, zum Beispiel anhand von Baumart, Größe und Durchmesser sowie der Beschaffenheit und Anzahl von Mikrohabitaten. Angeleitet wurden sie von Mitarbeitenden des Landesbetriebes Wald und Holz NRW sowie Forschenden des Europäischen Forstinstituts (EFI) in Bonn.

Multiplik*innen beim Waldtag

Ihre Erfahrungen konnten die Schülerinnen gleich Mitte März beim MULTIPLIERS- Waldtag im Kottenforst präsentieren. Dort diskutierten sie mit ihren Familien an einzelnen Bäumen die Waldbewirtschaftung. Hierzu schlüpften sie in die Rolle einer Försterin und trafen Entscheidungen, was mit dem Baumbestand passiert: Wird der Baum aus ökonomischen Gründen für die Holzproduktion gefällt oder sollte er aus ökologischen Gründen als Teil des Lebensraums Wald geschützt werden? Beim Waldtag wurden die Schülerinnen so zu Multiplikatorinnen und gaben ihr neues Wissen zum Thema „Waldnutzung vs. Waldschutz“ an Dritte weiter ­– ganz im Sinne des Projektnamens: Multipliers – Multiplikatorinnen.

Wieder mit dabei: Mitarbeitende von Wald und Holz NRW und EFI, die weitere Fragen zum Thema Wald und Waldforschung beantworteten.

Weiteres Projekt: MULTIPLIERS am Campus Wiesengut

Im Rahmen des MULTIPLIERS-EU-H2020 Projekts besuchten die Dritt- und Viertklässler*innen der Michaelschule aus Bonn im September 2023 den Campus Wiesengut in Hennef, einen ökologischen Lehr- und Versuchsbetrieb der Universität Bonn.

„In Schulbüchern wird das Thema viel abstrakter behandelt, zum Beispiel mit allgemeinen Fragen wie 'Sollen wir diesen Wald komplett abholzen, damit ein Spielplatz entstehen kann und wir Arbeitsplätze schaffen können?' Aber nicht aus einer Perspektive, die hier beleuchtet wurde, in der man beispielsweise die Zukunft jedes einzelnen Baumes diskutiert. Das Berufsfeld einer Försterin oder die Herangehensweise im Naturschutz kennenzulernen, ist wesentlich wertvoller, als lediglich mit Lehrbüchern zu arbeiten“, stellt Lehramtsanwärterin Sabriye Ali Oglou fest.

Multipliers werden geschult: Die Schülerinnen des Liebfrauengymnasiums werden zur Multiplikatoren
© Multipliers

Die Eltern und Geschwister waren überrascht und begeistert. „Wir gehen oft im Wald spazieren, aber jetzt habe ich ihn von einer ganz anderen Seite kennen gelernt. Ich hätte nicht gedacht, dass die Förster so komplexe Entscheidungen für jeden einzelnen Baum treffen“, so eine Teilnehmerin. „Was mir an dem Besuch sehr gut gefallen hat, ist, dass wir eine neue Perspektive auf die Bäume bekommen haben, sowohl aus ökonomischer als auch aus ökologischer Sicht, und dieses Wissen vertiefen konnten. Am meisten Spaß gemacht hat mir die Diskussion in den Gruppen. Es war gut zu wissen, was die Arbeit eines Försters ist und wie die Forschung sie unterstützen kann. Es wurde mir klarer, dass die Menschen den Wald wirklich brauchen und dass er auch für die Tiere sehr wichtig ist“, so Linda, Schülerin der Liebfrauenschule.

Das war das Ziel des Wald-Moduls im Rahmen des Horizon 2020-Projekts MULTIPLIERS. Prof. Dr. Annette Scheersoi, Prorektorin für Nachhaltigkeit, und ihr Team der Biologiedidaktik koordinieren das Projekt mit dem Ziel, den naturwissenschaftlichen Unterricht praxisnäher und authentischer zu gestalten. Gemeinsam mit naturwissenschaftlichen Expert*innen beschäftigen sich Schüler*innen aus sechs EU-Ländern intensiv mit aktuellen globalen Herausforderungen. Nach jedem Themenmodul geben sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen als „Multiplikatoren“ an Familien, Freunde und Mitschüler*innen weiter – wie hier durch die Mitmachaktion beim Waldtag im Kottenforst.

Dazu Prof. Annette Scheersoi: „MULTIPLIERS ist ein tolles Projekt, weil es extrem praxisnah ist. Es zielt darauf ab, Schulen zu öffnen und Räume für forschungsbasiertes Lernen zu naturwissenschaftlichen Themen zu bieten. Wir haben deshalb verschiedene Bildungsangebote für Schülerinnen unterschiedlicher Altersstufen durchgeführt. Wir sind sehr stolz auf alle jungen Multiplikatorinnen, die ihr an der Uni Bonn neu erworbenes Wissen zu Themen wie „Impfung“ und „Waldschutz“ nun in die Gesellschaft tragen und bedanken uns ganz herzlich bei den Wissenschaftler*innen, die dies unterstützt haben“.

Schon gewusst?

Bonn ist „Europäische Waldhauptstadt 2024“. Mit diesem Titel würdigt das Europäische Forschungsinstitut (EFI) die Bedeutung des Waldes für die Bundesstadt und ihre Bewohnerinnen. Denn der nachhaltige Umgang mit den Waldgebieten und den Bäumen in Bonn leiste einen wertvollen Beitrag zur Minderung der Folgen und der Anpassung an die Klimakrise. Seit 2014 vergibt das EFI jährlich den Titel „Europäische Waldhauptstadt” (“European Forest City”). Ziel ist, das Bewusstsein für die Bedeutung europäischer Wälder zu erhöhen und für die zahlreichen Waldfunktionen und den Nutzen, aber auch die Gefahren und Herausforderungen für die Wälder zu sensibilisieren. 

Anlässlich der Auszeichnung finden in 2024 mehrere Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit der Stadt Bonn, der Universität Bonn, dem Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft und weiteren internationalen und regionalen Projektpartnern statt. Dazu zählte auch die Kooperation mit der Liebfrauenschule und dem EU-Projekt “Multipliers“ der Uni Bonn.

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